© Teresa Stark-Werngren
ZASTER AROUND THE WORLD

Auswandern: Was kostet das Leben in Schweden?

von Michael André Ankermüller

Teresa Stark-Werngren wuchs in einer Kleinstadt in Hessen auf. Im Erwachsenenalter zog es sie zuerst nach Frankfurt am Main und 2010 in das wilde Berlin. Die Liebe brachte sie dann nach Malmö. Alter Schwede! Sie ist ausgebildete Logopädin, hat ein kleines Unternehmen als Nanny und arbeitet in Teilzeit in einem Plattenladen und als DJ.

Warum bist Du nach Schweden gegangen und was hält Dich dort?

Nach sieben Jahren Berlin hat es irgendwie gereicht. Die Stadt ist der Wahnsinn, in jederlei Hinsicht, alles ist so intensiv und konfrontativ. Wir haben uns nach mehr Ruhe gesehnt und da mein Mann Südschwede ist, fiel unsere Wahl auf Malmö.

2020 sind wir dann raus aufs Land gezogen und ich weiß die Entschleunigung sehr zu schätzen. Umgeben von Natur fühle ich mich wohl und geborgen. Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich mal ein Landei werde… Wobei das nur bedingt stimmt, da wir noch ein Zimmer in unserer alten WG haben und ich vorwiegend in Malmö arbeite. Das Leben, das ich hier lebe, wäre in Berlin nicht vorstellbar. So viele Eisen gleichzeitig im Feuer zu haben und doch recht wenig zu arbeiten, ist richtiger Luxus.

Was können die Deutschen von den Schweden lernen? Und möglicherweise andersherum?  

Schweden ist wesentlich unbürokratischer, oder es fühlt sich zumindest so an, weil die Digitalisierung hier richtig gut funktioniert. Ist man erst einmal im System (was für mich als EU-Bürgerin mit schwedischem Mann ein Leichtes war), muss man im Prinzip gar kein Amt mehr besuchen. Auch Faxe schickt man hier keine mehr…

Die Schweden könnten sich in Sachen Direktheit eine Scheibe von uns Deutschen abschneiden. Generell sind die Leute hier eher konfliktscheu und fallen nicht mit der Tür ins Haus. Ich mag es ehrlich und direkt, hier wird Höflichkeit bevorzugt.

Welche drei Tipps würdest du einem Deutschen geben, der auch nach Schweden auswandern will?

Schwedisch zu lernen, halte ich für den wichtigsten Aspekt, denn auch wenn die meisten Schweden wirklich gut Englisch sprechen, ist die Sprache der Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe und erhöht die Chancen auf einen Job. 

Viele sagen, dass es schwer sei, schwedische Freundschaften zu knüpfen, da die Menschen hier eher verschlossen seien und vor allem im Winter nicht aus ihren Nestern kämen. Die Erfahrung habe ich persönlich jedoch nicht gemacht. Es ist sicher gut, wenn man schon jemanden kennt oder sich der Expat Community anschließen kann, um bei so einer großen Veränderung nach allein dazustehen.

Und zieht man in den Norden Schwedens, muss man sich auf viel Licht im Sommer und scheinbar ewige Dunkelheit und Kälte im Winter vorbereiten. Das sollte man vorher mal getestet haben. 

Wie teuer ist das Leben in Schweden im Vergleich zu Deutschland?  

Das hängt wirklich stark davon ab, wo in Schweden man sich niederlässt. Man kann z.B. richtig günstig ein Häuschen auf dem Land kaufen, wenn man aber in Stockholm was finden möchte, bekommt man für die gleiche Summe nicht einmal einen Schuhkarton. Malmö ist in Sachen Mieten mittlerweile billiger als Berlin.

Die Lebensmittelpreise können sich mit Deutschland messen, wenn man ein bisschen Zeit investiert und vergleicht. Da die Löhne hier im Durchschnitt höher sind als z.B. in Berlin, ist der Lebensstandard auch entsprechend. Restaurant- und Barbesuche sind jedoch recht kostspielig, außer man isst Malmöer Falafel.

Krankenversicherung, Steuern, Rentenversicherung? Wie wird das in Schweden gehandhabt? 

Auch hier gilt: Ist man im System und hat man eine Personennummer, dann ist vieles einfacher. Man ist automatisch krankenversichert, auch als Selbständige und muss keine monatlichen Beiträge leisten. Doch leider sind Besuche beim Zahnarzt nicht inkludiert, das kann also teuer werden.

Der Einkommensteuersatz ist gestaffelt und sicher eher im oberen Segment anzusiedeln. Wenn ich dann aber sehe, was durch meine Steuern finanziert wird, finde ich das echt in Ordnung. Was die Rentenversicherung angeht, habe ich ehrlich gesagt keinen richtigen Überblick. In Anbetracht der Herausforderungen, vor denen wir global und lokal stehen, glaube ich nicht an einen Fortbestand des heutigen Systems. Hat man ein Haus und kann man sich selbst versorgen, wird das mehr wert sein als Geld.

Welchen geheimen Spartipp hast Du für das Leben in Schweden entdeckt?  

Es gibt eine App namens Dreams, die es einem ermöglicht, allein oder gemeinsam mit anderen für gewisse Träume zu sparen. Man legt eine beliebige Summe und ein Enddatum fest und weiß dann, wie viel Geld man wöchentlich/monatlich sparen muss. Es gibt verschiedene sog. Hacks, die z.B. immer bei Vollmond Geld von deinem Konto “klauen” oder wenn deine Lieblingsmannschaft gewinnt, du keinen Kaffee auf dem Weg zur Arbeit kaufst.  Zudem legt das Unternehmen Wert auf Nachhaltigkeit. Das ist ganz nach meinem Geschmack.

Welches Produkt ist in Schweden besonders teuer und welches Produkt sehr günstig?

Es gibt hier leider keine richtige Drogerie-Kultur, deswegen sind die meisten Produkte teurer als bei meiner Lieblingskette. Und Alkohol kostet erheblich mehr. Wir haben ja hier ein staatliches Alkohol-Monopol. Was hingegen wesentlich günstiger ist, ist Käse. Guter Käse, den man am Stück kauft. Man hobelt dann nach Bedarf einfach ein paar Scheiben ab. 

Hast Du einen Tipp für die Jobsuche für Einwanderer in Schweden?  

Die Sprache zu können, ist ein erhebliches Plus! Und sollte man z.B. in Malmö keine Arbeit finden, kann man seine Suche auf Kopenhagen ausweiten, dort geht es wesentlich internationaler zu. Ich konnte noch kein Schwedisch, als ich 2017 hierher kam, habe mich aber nach wenigen Monaten selbständig gemacht und war erstaunt, wie einfach das ging.

Wie sieht dein neuer Alltag in Schweden aus? Was hat sich hier am meisten zum alten Leben verändert?  

Da ich vor knapp acht Monaten Mutter geworden bin, hat sich das Leben diesbezüglich natürlich stark verändert. Ansonsten arbeite ich weniger, habe viel Zeit für den Garten und alles andere, was mir Freude bereitet. Ich trage wesentlich öfter Gummistiefel oder gar keine Schuhe und bin entspannter. Der Kontrast zwischen einer Metropole und einem 65-Seelendorf ist doch erheblich. 

Welche Rolle spielt Geld in der Gesellschaft in Schweden? Was würdest Du sagen?

Das ist eine gute Frage. Auch hier wird die Schere zwischen Arm und Reich immer größer, es gibt viel soziale Ungerechtigkeit und Unmut. Generell ist es nicht so gern gesehen, wenn man mit dem prahlt, was man hat. Und es wird auch nicht wirklich viel über Geld geredet, zumindest nicht in meinen Kreisen. Für mich persönlich ist Geld Mittel zum Zweck. Mir ist Freiheit wichtiger.

ein Artikel von
Michael André Ankermüller
Michael lebt in Berlin, beschäftigt sich gerne mit Wirtschafts- und Finanzthemen und arbeitet als Journalist, Blogger, Autor sowie Berater für Digitale Medien. 2014 gründete er das sehr erfolgreiche Blogazine Blog.Bohème.