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Auswandern: Was kostet das Leben in Dänemark?

von Michael André Ankermüller

Wegen der Liebe zog Lars nach Kopenhagen. Mittlerweile lebt er dort mit seiner Frau, arbeitet für die Deutsche Botschaft und hat bis dato keinen Tag bereut, Deutschland gegen Dänemark eingetauscht zu haben.

1. Warum bist Du nach Dänemark gegangen und was hält Dich dort?

Als Halbdäne habe ich mich immer zugehörig gefühlt in Dänemark, war mir aber nicht sicher, ob mein Charakter, meine Wesenszüge, also ich als Person, in Dänemark genauso funktionieren wie in Deutschland. Das wollte ich so ab 18, 19 Jahren gerne herausfinden und seitdem gab es den Plan. Als ich mein Studium beendet und erste Arbeitserfahrung gesammelt habe, dachte ich mir: Wenn nicht jetzt, wann dann? Und eine Großstadt wäre auch wieder schön… Zu dem Zeitpunkt hatte ich dann auch gerade eine dänische Freundin – die hält mich heute, mittlerweile meine Frau, 5 Jahre später, immer noch hier in Kopenhagen. Aber auch das Leben an sich und meine Arbeit lassen mich noch nicht wieder abhauen.

2. Was können die Deutschen von den Dänen lernen? Und möglicherweise andersherum?

Man kann wohl sagen, dass es Völker gibt, die unterschiedlicher sind als Dänen und Deutsche. Bei solchen Fragen in Bezug auf diese beiden Länder kann es oft ins Klischeemäßige abdriften, auch weil es ziemlich abhängig ist, von welchem Bereich man spricht – Kultur, Politik und so weiter.


Denn aus meiner Kopenhagener Bubble heraus könnte ich natürlich schnell sagen, dass Deutsche generell etwas Stilbewusstsein und Geschmack lernen könnten, aber wenn du mal in einer dänischen Kleinstadt gewesen bist, sieht es da auch nicht gerade aus wie in der Vogue oder im BoConcept-Katalog. Oft wird in Deutschland neidisch nach Dänemark geschaut, weil man hier gut ist neue Entwicklungen und Ideen umzusetzen, unbürokratisch und digital zu sein. Also Mut zu Neuem könnten Deutsche vielleicht lernen.

Andererseits könnten Dänen vielleicht etwas mehr Offenheit und Flexibilität von Deutschen lernen, die bei uns Deutschen glaube ich daher kommt, dass wir aus einem großen Land kommen. Viele Dänen könnten sich nie vorstellen, zum Beispiel fürs Studium woanders hinzuziehen. Außerdem sind sie nicht so gut darin auf Fremde zuzugehen, die kein Dänisch sprechen, da sie natürlich auch immer schon irgendwie überall Freunde haben. Ich hatte hier ausländische Freunde, deren Umfeld bestand zu 95% aus Expats.

3. Welche 3 Tipps würdest du einem Deutschen geben, der auch nach Dänemark auswandern will?

Auch wenn Dänen immer so stolz auf ihr Englisch sind, ohne Dänischkenntnisse einen Job kriegen ist in vielen Bereichen nicht so einfach, ebenso Kontakte aufbauen. Hast du einen Job, einfach machen – Leuten mit Job bzw. Geld ist man hier recht aufgeschlossen gegenüber. So das ist es recht unkompliziert. Besorg dir ein gutes Fahrrad, wenn du keines hast – und eine Regenhose dazu.

4. Wie teuer ist das Leben in Dänemark im Vergleich zu Deutschland?

Natürlich steht Kopenhagen regelmäßig ganz oben auf diesen Rankings über die teuersten Städte. Andere Landesteile sind aber günstiger und wenn man mal in München oder Hamburg gelebt hat, ist der Unterschied nicht mehr so groß und lässt sich hauptsächlich mit höherer MwSt. (und hohen Mieten) erklären. Den Leuten hier geht es allgemein gut. Sachen wie Mindestlohn sind höher und all sowas macht, dass das Leben im Schnitt wohl teurer ist als in Deutschland. Aber man bekommt auch mehr Lebensqualität. Wenn man darauf Wert legt, fährt man hier gut.

5. Krankenversicherung, Steuern, Rentenversicherung? Wie wird das in Dänemark gehandhabt?

Einfache Krankenversicherung bekommt man automatisch mit der Aufenthaltsgenehmigung, kostet also nicht extra. Nur Zahnarzt muss man selber zahlen und natürlich kann man Zusatzversicherungen für Brille und sowas kriegen. Rentenversicherung ist größtenteils auch ganz gut geregelt, da der Arbeitgeber einen Teil davon einzahlen muss. Man selber kann dann überlegen, wie viel man dazugibt. Steuern sind wie schon gesagt höher, aber was deutlich einfacher ist, ist die Steuererklärung – meistens mit ein paar Klicks geregelt, wie eigentlich alles hier. Für so jemanden wie mich, der nie weiß, wo er welche Unterlagen hat, ist das ein Traum, dass alles von Bank bis Führungszeugnis mit der Personen-ID gesteuert wird.

6. Welchen geheimen Spartipp hast Du für das Leben in Dänemark entdeckt?

Was hier gut funktioniert sind Apps wie To Good to Go, wo man günstig Lebensmittel vor der Mülltonne retten kann oder auch EarlyBird, wo verschiedene Restaurants Menüs günstiger anbieten – jetzt nicht das NOMA, aber schon ganz gute Läden. 


Legt man es wirklich drauf an, Geld zu sparen und nimmt dafür Schlange stehen in Kauf, sollte man nach Release Partys für alles Mögliche (Musik, Klamotten, Läden) Ausschau halten. Da gibt es immer Freigetränke und Snacks – als Student bin ich oft zur Fashion Week zu Besuch gekommen und hab mehrere Tage fast kein Geld ausgegeben. Und alle größeren Brands machen ein, zweimal im Jahr Lagerverkäufe und Schlussverkauf, wo man coole Klamotten der letzten Kollektion billiger kaufen kann. Da die „letzte“ Kollektion oft nur ein paar Monate alt ist, läuft man auch keinem Trend hinterher.

7. Welches Produkt ist in Dänemark besonders teuer und welches Produkt sehr günstig?

Der Klassiker ist wohl Alkohol. Sehr günstig sind z.B. Avocados, aber die soll man ja eh nicht so viel essen. Raucht man gerne Sportzigaretten, kommt man auch ganz gut weg – hat mir ein Freund erzählt haha. Und „normale“ Partys kosten selten Eintritt und wenn, weniger als in deutschen Großstädten.

8. Hast Du einen Tipp für die Jobsuche für Einwanderer in Dänemark?

Wie schon gesagt, Dänisch können ist (leider) ein Vorteil, ansonsten ist das Game glaube ich nicht viel anders als in Deutschland. Der Wirtschaft geht es gut, Jobs sind auf jeden Fall zu kriegen.

9. Wie sieht dein neuer Alltag in Dänemark aus? Was hat sich hier am meisten zum alten Leben verändert?

Die größte Veränderung hat glaube ich nicht so viel mit Dänemark an sich zu tun. Aber ich habe zum ersten Mal mit meiner Freundin zusammengewohnt, hatte einen 9 to 5 Job, geregeltes Einkommen #Erwachsensein. Gerade das mit der Jobsituation hat aber auch etwas gedauert, von erstmal wieder in Bars/Restaurants arbeiten über Langeweile bis jetzt, wo es – wäre nicht Corona – ganz gut läuft. Geregeltes Einkommen bedeutet auch, dass es leichter ist, die ganzen genialen Restaurants hier in Kopenhagen zu besuchen. Das war früher nicht Alltag.

10. Welche Rolle spielt Geld in der Gesellschaft in Dänemark? Was würdest Du sagen?

Ich würde sagen eine große Rolle. Aber man geht unverkrampfter mit seinem Lohn um. Die Leute konsumieren viel, geben auch gerne Geld für teure Sachen aus, jedenfalls in Kopenhagen. Doch auch, dass man sich als Normalverdiener Geld bei der Bank leiht, um eine Wohnung oder Haus zu kaufen, ist ganz normal. Trotzdem achtet man hier, glaube ich, mehr auf seine Work-Life-Balance als in Deutschland.

Eine Schattenseite sind jedoch die sogenannten Schnell-Darlehen, wo man sich mit nur einer SMS mal eben 200, 300, 400€ leihen kann – natürlich zu krassen Zinsen, die dann öfters Leute in den persönlichen Ruin treiben. Da merkt man, dass hier einige Sachen liberaler sind als in Deutschland, wo nichts ohne einen Berater und riesige unterschriebene Papierstapel geht.

ein Artikel von
Michael André Ankermüller
Michael lebt in Berlin, beschäftigt sich gerne mit Wirtschafts- und Finanzthemen und arbeitet als Journalist, Blogger, Autor sowie Berater für Digitale Medien. 2014 gründete er das sehr erfolgreiche Blogazine Blog.Bohème.