Anführer
Der Anführer der US-Notenbank Jerome Powell hat diese Woche eines klargemacht: Eine Zinssenkung im September gibt es nur, wenn sich die Inflation weiter abschwächt. Eine kluge Aussage, lässt sie ihm doch Spielraum für mehrere Handlungsoptionen. War die anschließende Markterholung nur ein Irreführer, kommt die Zinswende womöglich zu spät? Überraschend waren die schlechten Zahlen des US-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe und die steigende Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe am US-Arbeitsmarkt. Und für alle Protokollführer: Auch die Einkaufsmanagerindices in China, Europa und Deutschland haben sich eingetrübt und zeigen Schrumpfung an. Unternehmensführer blicken skeptischer in die Zukunft und die Strichlistenführer haben auch bemerkt, dass Deutschland für das zweite Quartal einen Rückgang des Wirtschaftswachstums vermelden musste. Der aktuelle Marktführer für Zinssenkung ist diese Woche die Bank of England. Der erste Zinsschritt seit 2020 war zwar keine Überraschung, aber ein Signal, dass es auch anders geht. Die anfänglich guten Börsenkurse scheinen, ob der schlechten Zahlen zur Wirtschaft, nur ein Vorführer gewesen zu sein und gehen Ende der Woche auf Tauchstation.
Verführer
Verführerisch erscheinen vor allem die heftigen Korrekturen bei Technologieaktien nach den Quartalsmeldungen. Von den 20 großen Techwerten haben über 10 nach Quartalsabschlüssen heftig zweistellig korrigiert. Gespann-führer ist Intel, die knapp 20 % nachgaben. Was Anleger wenig erfreut: Viele Unternehmensführer blicken getrübt in die Zukunft und geben vorsichtige Prognosen. Dazu passt auch die Meldung des Verbandsgeschäftsführers der Deutschen Industrie- und Handelskammer, kurz DIHK, dass immer mehr Unternehmen erwägen, ihre Betriebe ins Ausland zu verlagern. Großer Verführer sind vor allem die günstigen Energiepreise und die geringere Bürokratie andernorts. Die Zahlen sind besorgniserregend, da sie den Kapitalstock Deutschlands massiv erodieren. Wenn sich hier nicht grundlegend etwas verändert, bleibt vielen Geschäftsführern keine andere Wahl, sonst enden sie so wie diese Woche der bekannte Autositze-Hersteller Recaro, nämlich in der Insolvenz. Regierungs- und Oppositionsführer verdächtig ruhig, ob der desaströsen Lage. Lieber sonnen sich beide im Lichte der Verhandlungsführer für den Gefangenenaustausch mit Russland. Hatte da nicht jemand mal Führung versprochen, wenn man Führung bestellt?
Entführer
Russland agiert wie ein Entführer: wahllos Menschen kidnappen, um im Austausch Mörder freizupressen. Israel agiert wie ein Partisanenführer und tötet, wenig hilfreich für einen Friedensprozess, Hamasführer. Die Islamistenführer fordern im Gegenzug Rache und agieren wie Revolutionsführer. Venezuelas Präsident Maduro agiert wie ein Putschistenführer und steht kurz davor, das Militär gegen sein Volk einzusetzen, nachdem die USA den Oppositionsführer zum Wahlsieger erklärt haben. Sicherlich viel Stoff für künftige Filmvorführer, aber ein Graus für Friedensverhandlungsführer auf der ganzen Welt. Apropos Filmvorführer: Wie schnell die Welt ins Chaos gestürzt werden kann, zeigt aktuell ein sehr sehenswerter Kinofilm über Reichspropagandaminister Joseph Goebbels mit dem Titel „Führer und Verführer“. Den Trailer habe ich Ihnen verlinkt. Es kann nicht schaden, sich die Mechanismen der großen Verführer anzusehen, denn im Prinzip macht es keinen Unterschied, ob Propaganda über einen Reichsempfänger oder über die sozialen Medien erfolgt.
Ihr Volker Schilling