Alles ist relativ

Ab wann ist man eigentlich reich?

von Nils Matthiesen

Es lässt sich recht einfach bestimmen, ob du dich zum reichen Teil der Bevölkerung zählen kannst. Eine andere Frage ist, wie wichtig das ist…

Rein statistisch zählst du als reich, wenn dir monatlich das Doppelte des Durchschnittseinkommens (Median-Einkommens) zur Verfügung steht. Das bedeutet aktuell: Als Single mit einem Monatseinkommen von 3.782 Euro netto bist du reich und zählst gleichzeitig zu den oberen sieben Prozent in Deutschland. Als verheiratete Eltern mit zwei Kindern müsst ihr dagegen zusammen schon mindestens 7.900 Euro monatlich netto nach Hause bringen, um als reich zu gelten. Der Rechner unten zeigt, wie du im Vergleich zu anderen dastehst.

ABER: Selbst, wenn du laut Statistik im Vergleich gut dastehst – wirklich reich wirst du dich wahrscheinlich nicht fühlen. Warum?

  • Unsere Psyche spielt uns einen Streich. Denn sobald du über ein gehobenes Einkommen verfügst, bewegst du dich in der Regel in der sogenannten „Rich Zone“, umgibst dich also vermehrt mit vermögenden Menschen. Die haben aber oft noch mehr Geld als du. Aber wenn du jemanden triffst, der das Doppelte, wenn nicht gar das Zehnfache deines Verdienstes hat, fällt es schwer, dich selbst als reich zu fühlen.
  • Der Großteil der Weltbevölkerung ist im Verhältnis zu uns arm, sogar sehr arm (siehe How rich I am). Aus diesem Grund gibt es eine extreme Ungleichheit an der Spitze. Du gehörst mit einem deutschen Durchschnittsgehalt zu den 1 Prozent der reichsten Menschen der Welt, aber der Abstand zur Spitze ist immer noch gigantisch. Ob du beispielsweise 50.000 Euro netto oder 100.000 Euro netto verdienst, macht im Ranking der Rich-List so gut wie keinen Unterschied.

Geld ist nicht alles

Die gute Nachricht: Geld ist nicht alles. Forschungen weisen darauf hin, dass allein unsere Gene und unsere Persönlichkeit rund 50 Prozent unserer Zufriedenheit beeinflussen, zudem spielen Faktoren wie Gesundheit, Beziehungen und Arbeit eine wichtige Rolle.

Allerdings gilt es als sicher, dass Unterbezahlung auf Dauer unglücklich macht, wenn nicht genug Geld für die Befriedigung der Grundbedürfnisse wie Nahrung, Unterkunft und Gesundheit zur Verfügung steht. Gleichzeitig steigert ein höheres Einkommen in der Regel das Wohlbefinden, weil es mehr Sicherheit und Möglichkeiten bietet, das Leben den Vorstellungen entsprechend zu gestalten. Aber wie viel Einkommen ist fürs Glück optimal?

Dieses Jahresgehalt sorgt für Zufriedenheit

Die Purdue University hat das Thema unlängst in einer Studie https://www.purdue.edu/newsroo…aufgegriffen und kommt zu folgenden Schlussfolgerungen. Dazu sezierten die Forscher das Glück in zwei Teile: Lebenszufriedenheit (allgemeine Grundsituation) sowie emotionales Wohlbefinden (alltäglicher Gemütszustand). Für Ersteres genüge demnach ein Jahreseinkommen zwischen 60.000 bis 75.000 US-Dollar (ca. 52.000 bis 65.000 Euro), während das emotionale Wohlbefinden erst mit rund 95.000 US-Dollar (ca. 81.000 Euro) seinen Höhepunkt erreiche. Viel interessanter aber: Sobald diese Einkommensschwellen überschritten werden, beginnen das emotionale Wohlbefinden sowie die Lebenszufriedenheit zu sinken. Offenbar leidet das Glück durch den Stress und den hohen Zeitaufwand, der mit hoch dotierten Jobs oft einhergeht.

Am besten solltest du aber darauf pfeifen, ob du reich bist oder andere Leute mehr oder weniger verdienen. Sich mit anderen Menschen zu vergleichen ist nicht zielführend. „Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit“, mahnte schon der dänische Philosoph Søren Kierkegaard.

Denn du wirst immer Leute finden, die mehr als du haben. Dagegen fallen dir die Menschen, die weniger oder nichts haben, in der Regel weniger auf. Dazu kommt: Du siehst lediglich das, was andere dich sehen lassen wollen. Der Soziologie Thorstein Veblen berichtete bereits 1899 über das Prinzip des Geltungskonsums. Demnach erwerben Menschen Luxusgegenstände in erster Linie deshalb, um anderen einen bestimmten sozialen Status vorzugaukeln. Da machen aber nicht nur reiche Menschen, sondern alle Bevölkerungsschichten. (Das erklärt z.B. den enormen Erfolg von Accessoires wie Gucci-Basecaps oder Louis Vuitton-Handtaschen.) Dieses Verhalten führt aber dazu, dass wir das Gefühl haben, dass sich andere Menschen viel mehr leisten können als wir selbst. Doch das stimmt meist nicht.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.