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Baufinanzierung

Steigen die Zinsen weiter an?

von Nils Matthiesen

Nanu – die Bauzinsen steigen wieder. Müssen wir jetzt und in Zukunft wieder mehr für Immobilen-Kredite bezahlen?

Zuhause bleiben liegt im Trend. Daheim sein, nicht hinausgehen, sich abschotten: Cocooning – sich „verpuppen“ – einst ein Wohntrend, ist „dank“ Corona wieder angesagt. Und nirgendwo kann man sich besser einigeln als in den eigenen vier Wänden. Egal ob kaufen oder selbst bauen: Immobilien stehen bei den Deutschen schon länger hoch im Kurs. Und nie schienen die Voraussetzungen für einen Kauf besser. Häuser und Wohnung gelten nicht zu Unrecht als Betongold, die Coronakrise macht sie noch attraktiver. Wer entsprechend Eigenkapital mitbringt, könnte sicher einen schlechteren Zeitpunkt erwischen. Die Bauzinsen befinden sich nach wie vor auf einem historisch niedrigen Niveau und die Immobilienpreise könnten in der Krise das erste Mal seit langem wieder fallen oder zumindest nicht weiter steigen. Definitiv ist die Verhandlungsbasis aktuell besser als noch vor einigen Monaten. Zudem sind die Zinsen für Baugeld so niedrig wie selten zuvor. Wer etwas Eigenkapital mitbringt, zahlt bei einer Laufzeit mit zehn Jahren deutlich weniger als 1 Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) hält den Leitzins bereits seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Doch bleibt das mittel- bis langfristig so? Eine Frage, die sich nicht nur Kaufinteressierte stellen, sondern auch diejenigen, die bereits vor einigen Jahren gekauft haben und sich um einen Anschlussfinanzierung kümmern müssen.

Bauzinsen ziehen an

Des Sparers Leid ist des Häuslekäufers Freud: Im März 2020 haben Check24-Kunden im Schnitt 0,87 Prozent effektiv für Baudarlehen mit zehn Jahren Zinsbindung gezahlt. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 1,29 Prozent. Das entspricht einer Senkung um 33 Prozent innerhalb eines Jahres. Im selben Zeitraum ist der durchschnittliche Effektivzinssatz für Immobilienkredite deutscher Banken ebenfalls um ein Drittel gesunken: von 1,59 Prozent auf 1,07 Prozent. „Der Trend der fallenden Immobilienzinsen blieb auch während der aktuellen Corona-Krise unverändert“, bilanziert Ingo Foitzik von Check24. Aber: Die Konditionen für zehnjährige Darlehen zur Baufinanzierung sind zwar sehr niedrig, sie liegen aktuell wieder ein wenig über dem Niveau des Allzeittiefs vom März. Steigen die Zinsen jetzt also wieder?

Langfristig keine Kehrtwende in Sicht

Wahrscheinlich steigen die Zinsen nicht. In den aktuellen Bewegungen erkennen Experten keinen nachhaltigen Trend. Die kleine Aufwärtsbewegung lässt sich in erster Linie dadurch erklären, dass die Banken in der derzeitigen Krise Risiken neu bewerten und Zinsrückgänge nicht vollständig an ihre Kunden weitergeben. Auf mittlere Sicht ist zwar ein moderater Anstieg möglich, doch der soll sich in einem überschaubaren Rahmen halten. Mittel- bis langfristig gehen die meisten Experten vielmehr von gleichbleibenden Zinsen aus, eine nachhaltige Trendwende sowie ein starker Zinsanstieg gelten als unwahrscheinlich. Allerdings spricht auch niemand mehr über Negativzinsen, bei denen du weniger zurückzahlen musst, als du bekommen hast.

Fazit

Der kleine Anstieg bei den Bauzinsen ist kein Beinbruch, das Zinsniveau wird sich aller Voraussicht auch in den nächsten Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau bewegen. In Anbetracht der tiefgreifenden Auswirkungen der Corona-Krise fehlt derzeit jegliche Fantasie für einen stabilen Aufwärtstrend – eine nachhaltige Erholung der Konjunktur und Zinserhöhungen der Notenbanken sind nicht absehbar. Nicht zuletzt haben die hoch verschuldeten Staaten definitiv wenig Interesse an hohen Zinsen.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.