Eine von Präsident Recep Tayyip Erdoğans größten Stärken – seine wirtschaftlichen Erfolge – könnten ihm nun bei der bevorstehenden Wahl zum Verhängnis werden. Zwar führt er die Liste der Präsidentschaftskandidaten deutlich an, aber er kann sich seines Triumphs nicht mehr allzu sicher sein.
Am kommenden Sonntag könnte Erdoğans Wunsch, das umstrittene Präsidialsystem einzuführen, das er im Frühjahr vergangenen Jahres mit einer knappen Mehrheit durchgesetzt hat, in Erfüllung gehen. Doch die Wahl entscheidet nicht nur über die politische Zukunft, sondern auch über die der türkischen Wirtschaft. Und die sieht finster aus: Bloomberg zitiert eine Studie der südafrikanischen Beratungsgesellschaft New World Wealth, nach der 2017 rund 6000 Superreiche abgewandert sind: also 12 Prozent der türkischen Millionärsbevölkerung. Vor allem der Wertverlust der Lira bereitet Sorge; rund 20 Prozent hat die Währung in diesem Jahr schon gegenüber dem Euro und dem Dollar verloren.
Eine Arbeitslosenquote von 10,6 Prozent, steigende Preise, sinkende Kaufkraft – die Inflation verteuert die Importe, und tägliche Waren wie Lebensmittel werden im Land am Bosporus immer kostspieliger: Erdoğans politische Gegner nutzen die Lage natürlich aus und heizen mit dem Thema Wirtschaft den Wahlkampf an.
Einen kleinen Kunstgriff haben sich der 64-jährige Präsident und seine Partei AKP allerdings ausgedacht, um die Wähler bei Laune zu halten: In so genannten „Volkskaffeehäusern“ können „unsere Jungen und Alten kommen und sowohl ihre Bücher lesen, als auch ihren Kuchen, Tee und Kaffee holen. Umsonst, gratis“, schwärmt Erdoğan. Ein Versprechen, das die Superreichen des Landes wohl kaum davon abhält, ihr Geld im Ausland anzulegen.