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INFLATIONSSORGEN

Droht uns eine durch die Inflation ausgelöste Wirtschaftskrise?

von Nils Matthiesen

Die hohe Inflation wird immer mehr zum Problem. Nun haben Wissenschaftler ein System entwickelt, das die Teuerungsrate ziemlich genau vorhersagen soll.

Früher kostete ein Brötchen 20 Pfennig, heute oft bis zu 40 Cent – also fast das Vierfache. Aber nicht nur beim Bäcker musst du tiefer in die Tasche greifen, auch an der Tankstelle, im Supermarkt und im Reisebüro. Alles wird teurer. Die Inflation in Deutschland ist im März auf 7,3 Prozent gestiegen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts ist dies der höchste Stand seit rund 40 Jahren. Ein kurzfristiger Zeitraum mit etwas höherer Inflation ist kein großes Thema, aber eine längere Periode mit einer Inflationsrate oberhalb von 3 Prozent, wie wir sie aktuell erleben, kann große Probleme verursachen. Denn in diesem Fall steigen auf der einen Seite deine Lebenshaltungskosten, während auf der anderen Seite deine Investitionsrendite abfällt. Sprich: Deine Kaufkraft sinkt und gleichzeitig werfen deine Ersparnisse weniger ab. Zudem werden Kredite teurer werden. Denn zum einen könnten die Banken höhere Zinsen verlangen, um die Inflation auszugleichen. Und zum anderen steigen die Leitzinsen, weil die Notenbanken Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung ergreifen. Wie geht es also mit der Inflation weiter? Um diese Frage zu beantworten, hat die TU Dortmund zusammen mit dem Handelsblatt ein spezielles Inflationswarnsystem entwickelt, den sogenannten I-Index.

Inflationsvorhersage per Algorithmus

Hinter dem (Inflations-)-Index steht ein Algorithmus, der erfasst, wie präsent das Thema Inflation in den Medien ist. Das Ganze basiert auf dem Ansatz, dass langfristige Inflationserwartungen aufseiten von Unternehmen und Verbraucher tatsächlich zu steigenden Preisen führen. Mithilfe des neuen Modells soll es möglich sein, kausale Zusammenhänge zu erkennen und entsprechende Schlussfolgerungen abzuleiten. Zudem versprechen sich die Forscher, neue Erkenntnisse über die Inflation zu erlangen. So soll der I-Index Rückschlüsse auf Inflationsursachen und Schuldige für ungewöhnliche Preissteigerungen zulassen. Der I-Index ist leider nicht öffentlich einsehbar und wird vom Handelsblatt veröffentlicht. Falls dich der wissenschaftliche Hintergrund interessiert, bekommst du hier alle Details. 

Aktuell fußt der Inflations-Index auf rund 2,9 Millionen Zeitungsartikeln, die zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 28. Februar 2022 erschienen sind. Als Quellen dienen ausschließlich renommierte Zeitschriften wie das Handelsblatt, die Süddeutsche Zeitung und die Zeit. Das Handelsblatt soll dabei die spezifische Wirtschaftsberichterstattung darstellen. Dahingegen bildet die Süddeutsche Zeitung im wirtschaftspolitischen Diskurs die Mitte-links ab, während die Zeit die Mitte-rechts vertritt. Somit soll der I-Index einen Durchschnitt der veröffentlichten Meinungen zeigen und gleichzeitig extreme Positionen herausfiltern. 

Den extremen Anstieg während der Pandemie sagte der I-Index erstaunlich genau voraus. Quelle: DoCMA

I-Index: Es könnte noch schlimmer werden

Der Ansatz funktioniert offenbar gut. Der I-Index verlief nicht in der ersten 20 Jahren nicht nur nahezu parallel zu den tatsächlichen Inflationsraten, sondern nahm gleichzeitig die Entwicklung auch vorweg. Spannend also, was der I-Index über die Zukunft verrät, vor allem vor dem Hintergrund des Ukraine-Konflikts. Antwort: Es sieht nicht gut aus. Laut I-Index dürfte der Krieg einen größeren Einfluss auf die Inflation ausüben als Corona. Insbesondere die steigenden Rohstoffpreise sind ein Problem. Die Situation erinnert an die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts, also die Steigerungsrate jahrelang um die sechs Prozent lag und die Preise viel schneller als die Einkommen stiegen. Im Ergebnis kam es zu durch eine Stagflation ausgelöste Wirtschaftskrise, bei der die Wirtschaft schrumpfte und die Inflation aufgrund steigender Einkommen trotzdem weiter hoch blieb.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.