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WAS KOSTET DIE WELT?

Was kostet eine Ohrfeige?

von Isabella Müller-Reinhardt

Das wird teuer! Was uns Ohrfeigen und Russlandgeschäfte am Ende kosten. Eine Kolumne von ZASTER-Kolumnistin Isabella Müller-Reinhardt.

Ich musste in den letzten Tagen lernen, dass es für viele Menschen gute und schlechte Gewalt gibt. Trifft es nämlich den „Richtigen“ ist Gewalt plötzlich vollkommen in Ordnung und wird sogar mit Applaus und Jubel belohnt. Traurig. Unser Gesetzgeber unterscheidet da zum Glück nicht. Eine Ohrfeige ist und bleibt Körperverletzung und ist deshalb nach Paragraph 223 des Strafgesetzbuches strafbar. Für Will Smith wird es allerdings keine strafrechtliche Folgen haben, da Chris Rock von einer Anzeige absieht. Oliver Pocher jedoch macht von seinem Recht Gebrauch und hat gegen seinen Schläger, Fat Comedy Anzeige erstattet. Und das kann nun richtig teuer werden. Für Körperverletzung sieht das StGB eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder eine saftige Geldstrafe vor.

Die Geldstrafe (Schmerzensgeld) ist eine gerichtlich auferlegte Sanktion. Sie ergibt sich aus den Einkommensverhältnissen des Täters und aus der Höhe der veranschlagten Tagessätzen (mindestens 5, maximal 360). In dem Fall kann Will Smith wohl froh sein, nicht Oliver Pocher geohrfeigt zu haben. Der Hollywood-Star kassiert angeblich über 20 Millionen Dollar pro Film, da wäre eine schöne Summe für Pocher zusammen gekommen. Über die Einkommensverhältnisse von Fat Comedy ist da leider weniger bekannt. Aber mit 1,5 Millionen Followern, allein bei TikTok hat er bestimmt den ein oder anderen Werbepartner. Wie viel Kohle er monatlich verdient, werden wir also spätestens bei der Verkündung seiner Strafe erfahren.

Unbezahlbar: Imageschaden

Ritter Sport hat angekündigt seine Schokolade auch weiterhin nach Russland zu liefern. Das mittelständische Familienunternehmen befürchtet zu hohe finanzielle Auswirkungen, denn immerhin machen die Russlandgeschäfte etwa 10 Prozent am Gesamtumsatz aus. 2020 konnte das Unternehmen einen Gesamtumsatz von 470 Millionen Euro erzielen. Bei 10 Prozent reden wir also von etwa 47 Millionen Euro, die Ritter Sport in Russland im Jahr verdient. Keine Ahnung ob es momentan dort noch so viele Menschen gibt, die sich die teure, deutsche Schokolade überhaupt leisten können oder wollen. Aber ein Boykott in Deutschland, zu dem gerade aufgerufen wird, könnte weitaus kostspieliger werden.

Ritter Sport ist hierzulande nach Milka die zweit beliebteste Schokoladenmarke. Mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes macht der schwäbische Hersteller im eigenen Land. Deutschland ist also der wichtigste Markt für Ritter Sport. Wenn jeder fünfte Kunde aus Protest in Zukunft lieber zur lilafarben Konkurrenz greift, hätte dieser Imageschaden im eigenen Land sicher schlimmere finanzielle Folgen, als das Russlandgeschäft mit seinem Rubel derzeit einbringt.

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Isabella Müller-Reinhardt
Isabella Müller-Reinhardt

Die in Madrid aufgewachsene Münchnerin arbeitet seit mittlerweile mehr als zwanzig Jahren als Sportmoderatorin für verschiedene deutsche und englische Fernsehsender. Zu den Stationen Müller-Reinhardts zählen unter anderem ARD, ITV, Sport1, Sky und Arena. Zudem plaudert sie in einem Podcast über „Weiberkram“, schreibt diverse Sportkolumnen und hat mit "Mensch Trainer" im Sommer 2020 ihr erstes Buch veröffentlicht.