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Kehrtwende im ÖPNV

Deutschlands Weg weg vom Dieselbus

von Moritz Weinstock

Bisher sind es nur etwa 100 Elektrobusse, die durch Deutschlands Städte surren. Dass das nicht so bleiben kann, ist nicht nur ein Wunsch grüner Umweltpolitiker. Ring frei für die Elektrifizierung des öffentlichen Personennahverkehrs

Man muss Glück haben oder bewusst die richtige Buslinie wählen, um das Fahrerlebnis in einem Elektrobus in Deutschland am eigenen Leib spüren zu können. Denn bisher sind nur etwa 100 vollelektrische Fahrzeuge im Einsatz – und das bei insgesamt rund 35.000 Bussen im Land.

Nur zögerlich investieren Städte und Kommunen in den Ausbau ihrer Flotte und den Wechsel hin zum emissionsfreien Personennahverkehr. Denn der Weg dorthin ist nicht ganz billig, zudem gilt für viele: Elektro ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Nicht ganz billig deshalb, weil die wenigen bisher verfügbaren Modelle, wie beispielsweise der e-Citaro von Mercedes oder der Urbino electric des polnischen Herstellers Solaris gut doppelt so viel kosten wie ihre meist überlegenen Diesel-Artgenossen. Überlegen deshalb, weil Verbrenner an Reichweite und Transportkapazität noch immer die Nase vorn haben. Und dennoch, Elektrobusse lassen sich aus Sicht einer zunehmenden Zahl städtischer Verkehrsunternehmen schon heute sinnvoll in den Betrieb integrieren. Die aktuellen Reichweiten von 150 – 200 Kilometer reichen aus, um zumindest kürzere Streckenabschnitte zu bedienen.

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Der e-Citaro von Mercedes wird mit dazugehörigem Ladesystem © Daimler AG

Gut Schritte sind gemacht, weitere müssen folgen

Bereits vor 3 Jahren beschlossen die Verkehrsunternehmen von Berlin (BVG) und Hamburg (HOCHBAHN, VHH) mit der „Initiative Elektrobus“, ehemals „Beschaffungsinitiative E-Bus“, gezielter für einen Strukturwandel zusammenzuarbeiten. Ziel war und ist es, Erfahrungswerte auszutauschen, Wissen zu transferieren und gemeinsame Standards zu erarbeiten. Dem Verband deutscher Verkehrsunternehmen nach, sind „mittlerweile weitere 16 Verkehrsunternehmen aus deutschen Großstädten der Initiative beigetreten.“ Klar ist für den Verband zudem, dass die deutschen Klimaziele nur dann erreicht werden können, wenn „deutlich mehr Menschen als heute mit Bussen und Bahnen fahren“.

Der öffentliche Verkehr ist bei der Verkehrswende ein entscheidender Akteur, denn er ist die Lösung für klimafreundlichen Verkehr. Wir verstehen unsere Rolle als Vorreiter einer neuen, sich wandelnden Mobilität in den Städten und auf dem Land, auf Schienen und Straßen
Ingo Wortmann, Vorsitzender Verband deutscher Vekehrsunternehmen (VBV)

China als Vorbild?

In puncto Klimaschutz mag China nicht unbedingt als Vorbild gelten. Aber das Land und viele seiner Millionenstädte habe mit derart heftigen Luft-und Abgasproblemen zu kämpfen, dass ein Wandel schlicht unumgänglich ist. Die Metropole Shenzhen mit ihren rund 12 Millionen Einwohnern gilt beispielsweise als wahrer Vorreiter in Sachen Elektromobilität. Keiner der 16.000 Busse des ÖPNV fährt hier mit klassischem Verbrennungsmotor. Und auch sonst punktet das Land mit positiven Entwicklungen und Bestrebungen. So haben sich mehr als 30 Städte das ambitionierte Ziel gesetzt, den öffentlichen Nahverkehr bis zum Jahr 2020 komplett auf Elektro umzustrukturieren.

In Deutschland geht der Wandel deutlich langsamer voran, wenngleich vereinzelte Städte alles daran setzen einen Gang zuzulegen. Besonders bemüht scheint derzeit Hamburg zu sein. Das Verkehrsunternehmen Hochbahn hat beispielsweise im April ein neues E-Busdepot im Stadtteil Alsterstadt in Betrieb genommen, das zur Ladung, Wartung und Unterbringung neuer Elektrobusse gebaut wurde. Sobald die letzte Ausbaustufe erreicht ist, soll der neue Betriebshof rund 240 Linienbussen Platz bieten.

Weg vom Dieselbus

Bahn frei für einen grüneren Nahverkehr scheint auch im Westen Deutschlands zu gelten. Während Essen und Mannheim ihren Fuhrpark mit Hybrid-Versionen des Citaro verjüngen, geht Wiesbaden in die Vollen und bestellte kürzlich 56 vollelektrische Stadtbusse von Mercedes.

Es ist der bisher größte Auftrag für den Fahrzeughersteller, der sich als „Anbieter ganzheitlicher Lösungen für Elektromobilität“ versteht und zu den Bussen auch die nötige Infrastruktur liefert. Vom Umbau des Betriebshofes bis zur Auslegung und Errichtung der Lade-Infrastruktur – Mercedes bietet das Gesamtpaket.

Es gibt ihn also, den Weg weg vom Dieselbus – nur er wird dauern. Was man in der Zwischenzeit zum Schutze der Umwelt tun kann? Radfahren und trotzdem Busfahren, denn das ist immer noch die bessere Alternative zum Auto.

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.