EURO, DOLLAR, SCHILLING
Bauer
Diese Woche katapultierte uns ins Mittelalter zurück: Morgens gibt es Bauernaufstände und am Abend ist der Kaiser tot. Doch der Reihe nach. Unter der Überschrift „Bauer sucht Protest“ haben die Landwirte mobilgemacht, um nach eigenen Aussagen Deutschland lahm zu legen. Ganz so schlimm kam es nicht, aber das Anliegen findet meine Unterstützung. Und nicht etwa, weil ich die Subventionen für Agrardiesel und landwirtschaftliche Fahrzeuge für besonders schlau halte, sondern weil es um Verlässlichkeit und Kontinuität in der Wirtschaftspolitik geht. Ein Staat, der mir nichts dir nichts Zusagen kassiert, der von heute auf morgen Steuern, Regeln oder Unterstützungen verändert, der ist nicht verlässlich. In so einem Staat lässt sich nicht planen, nicht nachhaltig wirtschaften und vor allem keine Zukunft gestalten. Gerade die Bauern wissen, dass man das erntet, was man säht. Wir sind uns einig, dass ökologisch und ökonomisch die Subventionen auf Dauer keinen Sinn ergeben, aber einen Apfelbaum zu fällen, um an die Äpfel zu kommen, sorgt für künftige Komplettausfälle. Politik sollte das wissen. Oder wie es mein Lieblingsplakat bei den Bauernprotesten formulierte: „Fachkräftemangel, auch in der Bundesregierung.“
Chipbauer
Anlegers Liebling in 2023 war der Chipbauer Nvidia, mit 239 Prozent Kursanstieg der größte Gewinner im US Tech Index Nasdaq 100. Und wer dachte, damit wäre für 2024 die Luft erst einmal raus, der wurde diese Woche gleich eines Besseren belehrt. Auf der US-Technik-Messe CES in Las Vegas kündigte man unerwartet drei neue Grafikchips an, die mit ihren besonderen Eigenschaften KI-Anwendern deutliche Vorteile bringen sollen. Der Börsenkurs springt daraufhin wie elektrisiert um ganze 10 Prozent in die Höhe. Und glaubt man den einschlägigen Analysten der Aktie, dann sind weitere 20 bis 100 Prozent in diesem Jahr noch drin. Mehr drin ist seit dieser Woche auch für den Bitcoin: Die US-Aufsichtsbehörde SEC genehmigt den ersten Bitcoin ETF. Die ETF-Bauer um Blackrock, Wisdomtree und Co. dürften damit dem Bitcoin den Weg für institutionelle Anleger geebnet haben und die Kryptowährung weiter als alternative Anlageklasse etablieren. Und sieht man sich die Kursentwicklung an, dann gilt das alte Bonmot: Totgesagte leben länger. Anders hier:
Beckenbauer
Lieber Franz, du hast mehrere Leben gelebt. Du warst im Frühjahr deines Lebens der erfolgreiche Fußballer, der mit Technik und Eleganz zum Weltmeister wurde. Du hast dann später im Sommer deines Lebens mit deinem Wissen und deiner Erfahrung die Nationalmannschaft zur Weltmeisterschaft geführt und ganz nebenbei noch den Beruf des Teamchefs erfunden. Du hast den Sommer um das Sommermärchen erweitert und die Weltmeisterschaft im Herbst deines Lebens nach Deutschland geholt. Du hast damit aber auch die dunklen und stürmischen Seiten des Herbstes erlebt, die etwas einsameren Momente, wenn es um die Fragen ging, woher das ganze Laub kommt und wer die Nüsse erntet. Im Winter deines Lebens wurde es dann um dich stiller und viele Menschen haben deine freundliche wie charmante Art in der Öffentlichkeit vermisst. Und egal, ob du für Knorr Suppen, Müller Milch, E-Plus, die Postbank, Mercedes oder Erdinger Weissbier Werbung gemacht hast: Es war immer Kult. Wir haben dir alles abgekauft, weil du immer einer von uns warst. Weil du Menschen mochtest. Der Kaiser ist tot. Ruhe in Frieden lieber Franz.
Ihr Volker Schilling
