Wird Trump die Federal Reserve entmachten?
Die Federal Reserve ist am Kapitalmarkt nicht nur ein Fels in der Brandung, sondern DER Fels. Selbst in der heutigen Form, wo die US-Notenbank im Vergleich zu früher sehr emanzipiert ist, hat sie dennoch immer noch eine beeindruckende Dominanz und wird von allen als wichtigste Finanzinstitution weltweit respektiert.
Die Reputation der Federal Reserve beruht aber weniger auf dem Know-how und der unglaublichen Intelligenz der Notenbanker, sondern auf der Größe der US-Wirtschaft. Diese eine Volkswirtschaft erwirtschaftet Jahr für Jahr jeden vierten Dollar auf dem Globus. Mit dieser enormen Größe kommt auch der größte Anleihemarkt der Welt einher. Und niemand schuldet der Welt mehr als die Amerikaner, weswegen es von überragender Bedeutung ist, dass der US-Dollar nicht nur die (mit Abstand) wichtigste Währung der Welt ist, sondern auch bleibt. Denn:
Wer sich in seiner eigenen Währung verschulden kann, hat erhebliche Vorteile. In der Regel sehen Nationen, die sich in ihrer eigenen Währung verschulden, deutlich niedrigere Fremdkapitalkosten für die Finanzierung ihrer Wirtschaft und ihres Staates. Auch sind sie deutlich weniger angreifbar, wenn es beispielsweise zu Währungskrisen kommt. Last but not least können sie ihre Volkswirtschaft im Hinblick auf die Balance zwischen Inflation und Wachstum viel feiner adjustieren, wenn sie die Lufthoheit über die eigene Geld- und Zinspolitik haben.
Wer die Fed kontrolliert, kontrolliert den Kapitalmarkt
Der Dollar ist King, aber nicht unter Trump. Mit Stephen Miran (https://www.linkedin.com/in/stephenmiran/) hat sich Präsident Trump einen ausgesprochen klugen Kopf an Bord geholt. Miran berät den Präsidenten im Hinblick auf die Wirtschaftspolitik, was er im Wesentlichen zwei Publikationen im vergangenen Jahr zu verdanken hat. Die wichtigste Publikation erschien im November 2024 beim Hedge Fund Hudson Bay Capital. Dieses Papier (https://www.hudsonbaycapital.com/documents/FG/hudsonbay/research/638199_A_Users_Guide_to_Restructuring_the_Global_Trading_System.pdf) legte die theoretischen Grundlagen für den sogenannten Mar-a-Lago Accord. Bei diesem Accord geht es im Kern um die Wirtschaftsstrategie der Trump-Administration. Nun hat jede Administration eine eigene Wirtschaftsstrategie, aber die der Trump-Administration ist eine der gewagtesten und weitreichendsten, die wir je zu Gesicht bekommen haben. Im Kern sieht die Strategie vor, das gesamte globale Finanzsystem zugunsten der US-Wirtschaft umzubauen. Das erste der beiden Elemente ist die Einführung von Zöllen als Hebel, um die Handelspartner in eine Position zu zwingen, damit das chronische Handelsbilanzdefizit der USA schrumpft. Nicht, indem man die US-Wirtschaft dazu bringt, dass sie bessere Produkte und Dienstleistungen anbietet, die weltweit verstärkt gekauft werden, sondern indem man die Handelspartner dazu zwingt, in den USA zu investieren und amerikanische Güter und Dienstleistungen zu kaufen. Das zweite Element ist eine Abwertung des US-Dollar, um die Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Unternehmen zu erhöhen und die der ausländischen Konkurrenten zu schwächen.
Der Architekt dahinter ist Stephen Miran, der nun in der vergangenen Woche zum neuen Fed-Gouverneur nominiert wurde. Zunächst einmal auf temporärer Basis bis Ende Januar für Adriana Kugler, die vorzeitig ausscheidet. Präsident Trump hat damit nun drei loyale Mitglieder in der Federal Reserve. Im Mai 2026 läuft zudem die Amtszeit von Fed-Chair Jerome Powell aus. Eine Wiederwahl ist ausgeschlossen, was wohl für beide Seiten gilt. Powell muss nicht zwingend seinen Posten im Board of Governors verlassen, aber es war in der Vergangenheit Usus.
Trump plant einen Komplettumbau der Fed
Geht Powell, bekommt Trump die Gelegenheit, einen vierten Loyalen in der Fed zu platzieren. Was wird er mit diesem Einfluss machen? Das steht in der zweiten wichtigen Publikation, die Stephen Miran zusammen mit Dan Katz im März 2024 beim Manhattan Institute unter dem Titel „Reform the Federal Reserve’s Governance to Deliver Better Monetary Outcomes veröffentlicht hat.
Das Papier dreht sich im Kern um eine Reform der US-Notenbank. Die Autoren plädieren dafür, dass man die Struktur der Federal Reserve „demokratisiert“. Was nur eine beschönigende Umschreibung dafür ist, dass man die kompletten Machtstrukturen umbauen will. Miran und Katz formulieren im Kern vier Ziele: 1) Der amerikanische Präsident soll in Zukunft Einfluss auf die Geld- und Zinspolitik der US-Notenbank bekommen. 2) Die zentrale Entscheidungs- und Machtstruktur der Federal Reserve in Washington soll durch eine Dezentralisierung auf die regionalen Fed-Banken entzerrt („demokratisiert“) werden. 3) Die Federal Reserve soll die über Jahrzehnte hinzugewonnene Macht, wie die Regulierung der Banken, an Behörden abgeben, die dem US-Präsidenten weisungsgebunden sind. 4) Der Aufgabenbereich der Notenbank soll in Zukunft auf die Geld- und Zinspolitik beschränkt werden. Die Verfolgung von sekundären Zielen, wie dem Klimaschutz, soll unterbunden werden.
Das ist ein groß angelegtes Powerplay auf die Federal Reserve. Unter dem Vorwand der „Demokratisierung“ wird eine Entmachtung der wichtigsten Institution am globalen Kapitalmarkt propagiert. Zudem soll die Macht im Wesentlichen an das Weiße Haus fließen und zu einem Teil an die 12 regionalen Fed-Banken. Entscheidend ist, dass das Board of Governors aus dem Spiel genommen werden soll, wo derzeit alle wichtigen Entscheidungen getroffen werden, die über den Dollar-Kapitalmarkt auch den Rest der Welt tangieren.
Wie wahrscheinlich ist es, dass diese Strategie in die Tat umgesetzt wird? Stephen Miran ist zusammen mit Donald Trump in das Weiße Haus eingezogen und ist dort nicht nur Mitglied im Council of Economic Advisers, sondern er leitet das CEA. Eines der zahlreichen direkten Ergebnisse aus dieser Personalbesetzung haben Sie vor wenigen Tagen zu sehen bekommen, als Frau von der Leyen sich den Bedingungen der Amerikaner im Hinblick auf das zukünftige Handelsabkommen mit der EU unterwarf. Bestätigt der US-Senat die Ernennung von Stephen Miran, wird er mit einem konkreten Plan zum Umbau der US-Notenbank in das mächtige Board of Governors der Federal Reserve einziehen. Und zu glauben, dass Miran nicht mit Unterstützung von Präsident Trump versuchen wird, die Machtstrukturen der US-Notenbank radikal zu verändern, ist wie der Glaube an den Weihnachtsmann.
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