„Wir brauchen mehr Frauen in der Baubranche“ – Im Gespräch mit Klinker und Klunker
Klingt ungewöhnlich? Das ist es auch und genau diese neue Denkweise beim Thema Hausbau wollen die drei Gründerinnen Anja Tillack, Nicole Engel und Franziska Dietzsch bewirken. Sie haben sich nicht nur selbst in einem Frauennetzwerk kennengelernt, nein sie wollen sich auch selbst für mehr Weiblichkeit und Vielfältigkeit in der männlich dominierten Baubranche stark machen.
Kannst du unseren Lesern kurz erklären was ihr genau tut?
Die Klinker & Klunker GmbH ist ein Studio für kluges Projektmanagement im Bereich Umbau, Ausbau und Hausbau im Herzen Berlins. Wir bauen nicht, sondern stehen unseren Kundinnen vorzugsweise im Raum Berlin und Brandenburg für Privat- und Gewerbeobjekte beratend zur Seite. Dabei kümmern wir uns um alle Belange rund um ein gesamtes Bau- oder Einrichtungsprojekt. Wir sind Bullshitprotector sowie Problemlöser und halten – wenn nötig Händchen. Eine Supervision geht natürlich auch immer remote.
Was macht ihr besser? Warum braucht euch die Branche?
Wir gehen mit unseren Kundinnen gemeinsam weg von standardisierten Katalogobjekten oder häufig kaum finanzierbaren und unfunktionalen Architekturprojekten. Wir realisieren auf Augenhöhe und ohne Fachchinesisch im Einklang mit den beteiligten Gewerken ganz individuelle Lösungen.
Wir sind der Überzeugung, dass die Branche aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen muss. In der Ansprache der Kundinnen sollte sich dringend etwas ändern. Denn Bauherren sind heute schon längst nicht mehr nur Männer, sondern auch Frauen und diverse Persönlichkeiten. Also existierende Werbeslogans wie „Wir bauen Häuser für richtige Männer“ sind heute einfach nicht mehr zeitgemäß. Das teilweise verstaubte und negativ besetzte Image der Handwerksbranche braucht zudem eine Generalüberholung, denn nur so kann langfristig angemessener Nachwuchs und mehr Female Empowerment gewonnen werden.
Eine der größten Herausforderungen der Branche sind zudem die Themen Zeit und Kommunikation. Wir stehen für beides für unsere Kundinnen im Kontakt mit Gewerken und anderen Stakeholdern ein. Jemand, der sich heute einen Hausbau leisten kann, hat nicht unbedingt Zeit dafür, da er viel arbeitet und tagsüber somit schwer erreichbar ist. Damit es auf er Baustelle jedoch funktioniert, sind häufig kurze Kommunikationswege und schnelle Entscheidungen vonnöten. Wir übernehmen, wenn gewünscht, den kompletten Papierkrieg, aufwendige Beantragunsgverfahren, erstellen und koordinieren Projektpläne, so dass alles möglichst reibungslos Hand in Hand läuft. Wir übernehmen die komplette Kommunikation mit allen Beteiligten im Rahmen eines Projektes.
Zudem wird häufig nicht berücksichtigt, dass ein Bau- oder Einrichtungsprojekt nicht etwas rein sachliches, sondern etwas sehr emotionales ist. Es geht schließlich um die Realisierung von Träumen. So sind nicht nur Statik, alles Technische und verwendete Materialien wichtig, sondern es geht vor allem auch um individuelle Werte, Persönlichkeit und Lebensstile der Kundinnen. Diese Dinge sind vielen zu Beginn eines Projektes noch gar nicht richtig bewusst. In unserer empathischen Zusammenarbeit werden genau diese wichtigen Faktoren ans Licht gebracht, wodurch Kundinnen am Ende nicht nur rundum zufrieden mit ihrem neuen Lieblingszuhause sind, sondern auch unnötige Baufehler, Änderungen und viele andere Reibereien im Verlauf eines Projektes vermieden werden können.
Wie ist es als Frau in der männlich dominierten Bauindustrie tätig zu sein?
Im Bauhauptgewerbe sind Frauen noch immer eher Exotinnen. In praktischen Berufen wie dem des Maurers findet man sie selten. Uns geht es hier ganz klar nicht um Emanzipation, sondern um Gleichstellung und Vielfalt, weil somit einfach viel mehr Potential zur Verfügung steht.
Frauen gründen und verdienen ihr eigenes Geld, sie sind in Führungspositionen zu finden, sie handeln mit ETFs, Krypto oder kaufen Immobilien. Zwar noch weniger als Männer, doch die Zahlen steigen. Vielfalt ist für uns ein entscheidender Faktor für unseren Geschäftserfolg und wir sind der Überzeugung, dass die Wertschätzung der individuellen Stärken von Männern und Frauen sowie diversen Persönlichkeiten einen erheblichen Wettbewerbsvorteil mit sich bringt.
Was würde mehr Weiblichkeit in der Baubranche bewirken?
Für uns ist der Schlüssel Persönlichkeit und Empathie. Wenn wir uns auf das konzentrieren, was uns glücklich macht, können wir ein Leben voller Bedeutung schaffen. Und das kann zu Hause beginnen. Emotionale Intelligenz ist für uns die Kompetenz der Stunde. Für uns trägt eine Frau auf der Baustelle viel zur Effizienz in der Arbeitsausführung bei und verbessert mit angemessener Kommunikation das Arbeitsklima.
Warum ist euch Female Empowerment so wichtig?
Wir drei Gründerinnen haben uns in einem Businessnetzwerk für Frauen kennengelernt und folglich unser Unternehmen gegründet. Die Zeiten, in denen Frauen als stutenbissig oder nur als Rädchen im Ganzen gegolten haben, sind wirklich lange vorbei. Wir sind große Fans von Female Empowerment und leben das Thema in unserem Business. So bauen wir gerade ein Netzwerk von HandwerkerInnen und anderen AkteurInnen der Branche auf mit dem Fokus auf Diversität und damit Female Empowerment, tauschen uns mit weiblichen Fachkräften der Branche aus und inspirieren sowie empfehlen uns gegenseitig.
Was würdest Du jungen Frauen raten, die am Anfang Ihrer Karriere stehen?
Realisiere, worauf Du wirklich Lust hast. Bleibe fokussiert und zeitgleich flexibel. Denn der Weg nach oben oder zum Traumberuf ist keine gerade Leiter, sondern eher wie ein Klettergerüst. Ab und zu ist es gut, einen Schritt nach unten oder zur Seite zu gehen, um effizienter nach oben zu kommen. Wichtig dabei ist, den Weg nicht allein zu gehen, sondern sich UnterstützerInnen und WegbegleiterInnen zu suchen, sich ein Netzwerk aufzubauen. Steht zu euch und euren Stärken und lasst euch nicht in alte Rollenbilder stecken.
Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit für euch und eure Kunden?
Unseren Kunden liegen die Themen Nachhaltigkeit und ein ressourcenschonender Umgang in den meisten Fällen sehr am Herzen. So werden aktuell energetische Sanierungen, regenerative Energien und die Wiederverwendung von Materialien in unseren Projekten immer öfter nachgefragt. Auch nachhaltige Wohnkonzepte werden präsenter am Markt. Das heißt, wie kann ich mein Wohnumfeld so gestalten, dass es für die nachfolgende Generation noch attraktiv ist. Oder wie können Mehrgenerationenhaushalte oder das Leben in einem alten Leuchtturm realisiert werden.
Wo siehst du aktuell die größten Hürden beim Bauen?
Für uns war in den vergangenen Projekten immer wieder eine Herausforderung, zuverlässige HandwerkerInnen zu finden, die das gegebene Qualitätsversprechen für ihre Leistungen einhalten. Darüber hinaus ist die Pandemie bedingte, steigende Materialknappheit bestimmter Baustoffe wie Holz, Aluminium etc. herausfordernd bei der fristgerechten Fertigstellung des Projektes. Der Fachkräftemangel in vielen Bauberufen tut sein Übriges. Hier wünschen wir uns mehr Offenheit der Betriebe für neue Arbeitsmodelle sowie vielfältige Anreize, um die Jugend wieder für das Handwerk zu begeistern.
Warum brauche ich eine Psychologin beim Hausbau?
Nicole Engel ist unsere Dipl.-Psychologin im Team. Um einzigartige Wohn- und Gewerbeprojekte umzusetzen, muss man sich in den Kunden hineinversetzen. Es braucht das Gespräch, Bedarfsanalysen und mehr als eine ordentliche Portion Kommunikation und Konfliktmanagement, gerade unter Paaren, also ein psychologisches und sozialwissenschaftliches Skill Set. Zudem ist sie Unternehmerin durch und durch. Durch den erfolgreichen Aufbau ihrer ersten Firma PSYCHOLOGICUM Berlin und der Zusammenarbeit mit zahlreichen GründerInnen im Rahmen von Business Coachings hat sie mehr als einmal ihren Unternehmergeist und ihr strategisches Knowhow bewiesen.
Wer übernimmt bei euch welchen Part in der Kundenbetreuung und wer wird seitens der Kunden am meisten gefragt?
Wir sind bei K&K drei Gründerinnen mit unterschiedlichem Know-How. Nicole Engel und ich sind branchenfremd und bringen so den Blick über den Tellerrand ins Unternehmen. Sie agieren eher im Hintergrund, im Bereich der Unternehmensführung.
Franziska Dietzsch ist unsere Frontfrau und erste Ansprechpartnerin für unsere KundInnen in unseren Projekten. Als gelernte Handwerkerin und studierte Architektin und Facility Managerin hat sie eine enorme Fachexpertise in den Bereichen Architektur, Immobilienbewirtschaftung und Projektmanagement. Mit ihrem holistischen Blick auf die Projekte bringt sie außerdem ein gutes Gespür mit für die Kommunikation zwischen Bauherren und den einzelnen Gewerken. Das wissen unsere KundInnen sehr zu schätzen und realisieren mit uns häufig Folgeprojekte.
Was war euer größtes Learning im Rahmen des Gründungsprozesses?
Wir gründeten unser Unternehmen Mitten im Lockdown, während der Corona-Pandemie 2020. Als viele den Kopf in den Sand steckten, nahmen wir unsere Idee und viel Mut zusammen und gingen zum Notar. So erblickte die Klinker & Klunker GmbH das Studio für zeitgemäßes Projektmanagement im Bereich Umbau, Ausbau und Hausbau das Licht der Welt.
Seitdem lernen und profitieren wir jeden Tag voneinander. Sei es, das unternehmerische Denken von Nicole, das Gespür für die neuesten Trends von Anja oder die zahlreichen baulichen Details von Franziska angemessen zu nutzen. Wir motivieren uns gegenseitig, unterstützen uns und empowern uns zu Höchstleistungen. So ist jeder Tag ein neuer Anfang und es geht immer weiter.
Wie war die Resonanz auf euer Projekt innerhalb der Branche?
Die Resonanz war und ist sehr positiv innerhalb der Branche. „Bunt ist besser“ schrieb eine Zeitung über uns. Wir haben gespürt, dass nach frischem Wind und neuen Ansätzen, die wir mitbringen, gesucht wurde. Der Markt ist satt von den vielen Standard Massenprodukten und wünscht sich mehr und mehr individuelle Lösungen die adaptierbar sind.
Gleichzeitig merken wir, dass durch unsere Arbeit Frauen der Branche den Mut bekommen, sichtbarer zu werden, sei es auf den Baustellen oder auf Social Media. Willkommen im 21. Jahrhundert.
Wer sind eure Kunden? Springen bestimmte Altersklassen besonders auf euer Konzept an?
Unsere Kunden kommen aus unterschiedlichen Branchen. Meist sind es Frauen im Alter zwischen 30 und 45 sowie Paare, von denen uns Frauen als erstes ansprechen, um Konflikte zu vermeiden und Unterstützung zu haben. Männer wollen eher alles selbst machen und kommen erfahrungsgemäß erst, wenn alles bereits zu stressig ist oder so manches schiefläuft.
Warum ist eine Geldanlage in Immobilien nach wie vor wichtig?
Eine Immobilie als Geldanlage hat viele Vorteile. Wohnen gehört bei uns Menschen mit zu den Grundbedürfnissen. Somit ist die Geldanlage in Immobilien sehr zukunftssicher, da du davon ausgehen kannst, dass Menschen besonders in Städten auch in 30 Jahren noch wohnen werden.
Außerdem kann dir eine Immobilie regelmäßige Einnahmen in Form von Miete bescheren. Als Geldanlage kannst du als EigentümerIn großen Einfluss nehmen z.B. bei der Gestaltung der Wohnung oder Auswahl der MieterIn.
Ein weiterer großer Pluspunkt: Eine eigene Immobilie bedeutet Freiheit! Du allein entscheidest, ob Du die Wohnung vermieten möchtest oder selbst nutzen willst. Solltest Du einmal knapp bei Kasse sein, kannst Du die Immobilie verkaufen und das Geld für neue Projekte nutzen.
Zuletzt gehört der Immobilienbesitz zu den „handfesten“ Geldanlagen. Eine Wohnung kannst du besichtigen und unabhängig bewerten lassen. Das macht es für die Anleger nachvollziehbar und transparent.
Was ratet Ihr Menschen die aus Anlagegründen zu euch kommen?
Zu uns kommen KundInnen mit einem klaren Projekt in Form eines Neu- oder Umbaus. In unserem umfangreichen Kooperationsnetzwerk arbeiten wir mit Profis zusammen, die darin spezialisiert sind, solche InteressentInnen zu beraten. Gemeinsam vernetzen wir unsere Kooperationspartner und steigen dann in das Projekt ein, wenn es um die konkrete Umsetzung des Bauvorhabens geht.
Wie wünschst du dir die Baubranche in zehn Jahren?
2030 wünschen wir uns stärkere Serviceorientierung der Gewerke auf den Kunden. Es muss Schluss sein mit Hinhaltetaktiken und nicht wertschätzender Kommunikation auf beiden Seiten. Darüber hinaus wird es in 10 Jahren mehr Offenheit für neue Bauweisen und Materialien geben. Der 3D-Drucker wird auch in der Baubranche nicht mehr wegzudenken sein. Erste Häuser aus dem 3D-Drucker gibt es schon, aber auch Werkzeuge kommen bald direkt aus dem Drucker auf die Baustelle.
Zu guter Letzt wünschen wir uns mehr Diversität und Gleichstellung bei allen Akteuren in der Branche, um weiter attraktiv als Arbeitgeber zu bleiben.
Gibt es noch etwas, dass du gründungsinteressierten Lesern mit auf den Weg geben möchtest?
Ein Zitat: „Lege den Fokus darauf, was sich im Herzen richtig anfühlt.“