Viren & Trojaner

Windows 10: Welchen Virenschutz brauche ich?

von Nils Matthiesen

Windows 10 hat einen Gratis-Virenschutz. Brauchst du also überhaupt noch ein kostenpflichtiges Anti-Virenprogramm? Tests sprechen eine deutliche Sprache

Unter dem Motto „Die Masse macht’s“ steigt die Anzahl der in Umlauf gebrachten Schadprogramme seit 30 Jahren kontinuierlich an. Seit jeher besonders im Fokus steht dabei Windows.

Aktuell dürfte es um die 700 Millionen Schädlinge geben, die sich auf das Microsoft-Betriebssystem spezialisiert haben. Warum Windows so beliebt bei Online-Kriminellen ist, liegt auf der Hand: Die Zielgruppe ist riesengroß, dementsprechend gut stehen die Erfolgsaussichten auf eine Infektion.

Die gute Nachricht: In Sachen Sicherheit ist das neue Windows 10 das beste Windows aller Zeiten. Schließlich hat das Betriebssystem mit Defender, eingebettet ins „Sicherheitscenter“, ein vollwertiges Sicherheitspaket an Bord. Doch was taugt der Gratisschutz?

Die Erkennung wird immer besser

Die Stiftung Warentest nahm in Ausgabe 3/20 erneut Antiviren-Programme unter die Lupe. Der Windows Defender erreichte dabei mit der Note „befriedigend 2,6“ lediglich den vorletzten Platz. Stiftung Warentest begründet das damit, dass der Scanner nicht alle Angreifer erkennt und schon mal vor Dateien ohne schädlichen Code warnt (sogenannte False Positives): In diesem Punkt gäbe es daher nur ein „ausreichend“.

Das Magazin Chip kritisiert ebenfalls, dass kein Schutz vor Phishing-Angriffen durch bösartige Webseiten bestehe. Klare Sieger der Untersuchung: Die Produkte von Avira. Avira Antivirus Pro landete auf dem ersten und Avira Free Security Suite auf dem zweiten Platz des Windows-Rankings.

Das sagt die Stiftung Warentest

Insgesamt gab Stiftung Warentest dem Windows Defender beim „Schutz“ die Note 3,1. Nicht gerade berauschend. Hier die Einzelbewertungen:

  • Wächter (++): Hier schneidet der Defender „sehr gut“ ab. Das bedeutet: Beim Surfen im Internet und beim Kopieren und Ausführen von Dateien von Festplatten und USB-Sticks bist du mit dem Defender gut geschützt. Denn der „Wächter“ blockiert, stoppt oder löscht Schadprogramme, bevor diese Schaden anrichten können.
  • Scanner (-)Unterscheidet das Schutzprogram schnell und zuverlässig zwischen Gut und Böse? Hier arbeitet der Defender nur „ausreichend“.
  • Phishing (-): Stiftung Warentest verlangt, dass Antivirenpakete auch vor Phishing-Angriffen schützen. Damit wollen Gauner dich auf gefälschte Internetseiten locken, um dort deine Anmeldedaten abzugreifen, etwa fürs Online-Banking. In diesem Punkt erhält der Defender ein „mangelhaft“. Denn der Defender verfügt über keinen Schutz dieser Art.

Das sagt das Computer-Magazin Chip

Ein weiterer großer Vergleichstest von Antivirenprogrammen erschien in der Fachzeitschrift Chip. Hier stand die Frage im Zentrum, ob sich Nutzer im Jahre 2020 überhaupt noch nach einer Alternative zum Bordmittel Windows Defender umsehen müssten. Das Ergebnis: „Topvirenscanner gibt es nur gegen Bares.“ Vor allem in drei Punkten zeigt der Defender laut Chip Schwächen:

  • Falschmeldungen: Der Windows-Defender schieße zu oft übers Ziel hinaus und warne zu oft vor völlig harmlosen Dateien. Im Chip-Vergleich produzierte der Defender im RealWorld-Test 132 Fehlalarme, sogenannte False Positives. Im Datei-Scan-Test waren es 13. Das kann Nutzer verunsichern.
  • Offline-Schutz: Chip untersuchte, wie gut Virenscanner ohne Online-Verbindung arbeiten. Der Defender gehörte in dieser Disziplin zu den Schlusslichtern. Die Virenerkennungsraten lagen in diesem Szenario unter 30 Prozent.
  • Bedienung: Zwar waren die Erkennungsraten des Defenders im Chip-Test gut, kaum ein Schädling kam durch. Allerdings sorgten die vielen Nachfragen für Verwirrung. Wenn Nutzer an dieser Stelle falsch reagieren, erfolge die Infektion trotzdem.

Auch im Chip-Test wurde Avira Antivirus Pro Endnote 1,2 Testsieger mit „dem besten Schutz, einer sehr guten Usability und einer geringen Bremswirkung“. Der Defender erhielt nur die Note 2,7.

Fazit: Defender bietet Basisschutz

Fasst man die beiden Tests zusammen, bietet der Defender nur einen Basisschutz. Beim Funktionsumfang kann er im Vergleich mit guten Antivirus-Suiten nicht mithalten. Er hat keinen abgesicherten Bereich fürs Online-Banking, schließt keine Sicherheitslücken in Programmen, schützt nicht vor Identitätsdiebstahl und Betrug und findet keine Schlupflöcher im Heimnetzwerk. Support bei Problemen ist ebenfalls Fehlanzeige. Experten vermissen zudem Funktionen wie zwischenzeitliches Deaktivieren für einen bestimmten Zeitraum, geplante Scans oder eine Reset-Funktion.

Es ist zwar sehr gut, dass Windows 10 mit dem Defender ein Schutzprogramm eingebaut hat, der dich ordentlich vor Schädlingen schützt. Die Virenerkennung ist sehr zuverlässig. Dafür zeigt der Windows Defender Schwächen in Sachen Fehlalarme, bei der offline-Nutzung und der erzeugten Systemlast. Wenn du also absolut auf Nummer sicher gehen willst, ist ein kostenpflichtiges Schutzprogramm wie Kaspersky Internet Security oder Avira Antivirus Pro ratsam.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.