Man kann Jeans getrost als die Avocado unseres Kleiderschranks bezeichnen. Der Wardrobe-Evergreen verbraucht in der Produktion so viel Wasser wie kein anderes Kleidungsstück, im Schnitt 8.000 Liter Wasser. Doch nicht nur die Umwelt-, sondern auch die soziale Bilanz lässt gerade im Denimbereich sehr zu wünschen übrig – und das ist noch nett ausgedrückt. Die Produktion von Jeans beinhaltet zahlreiche Arbeitsschritte, in deren Verlauf gefährliche Färbe- und Bleichmittelprozesse sowie umstrittene Bearbeitungstechniken, wie das inzwischen eigentlich verpönte Sandstrahlen, zum Einsatz kommen.
Jeder Trend eine neue Hose
Hinzu kommt, dass gefühlt jeden Monat eine andere Waschung und ein anderer Fit im Trend sind, sodass man, möchte man mithalten, mit dem Nachkaufen fast nicht hinterherkommt. Da ist es natürlich verlockend, auf preisgünstige Alternativen zu den meist teuren Big Playern wie Levi’s, Wrangler oder Lee zurückzugreifen. Wer kann sich schon monatlich mit einer 100-Euro-Hose ausstatten? Das schlechte Gewissen ist beim Gang zum Highstreet-Store aber immer dabei.
Niemand kann heutzutage noch behaupten, nicht zu wissen, wie die Produktion von Jeanshosen in Asien abläuft. Der Einsturz von Rana Plaza 2013, zahlreiche Dokumenationen zum Thema und Organisationen wie die Fair Wear Foundation sind auch an Lieschen Müller nicht unbeachtet vorbei gegangen.
Schluss mit faulen Ausreden
Laut einer Studie, die vom deutschen Fachmagazin Textilwirtschaft in Auftrag gegeben wurde, gibt jede dritte Frau in Deutschland im Schnitt 30 Euro für eine Jeans aus. Durchschnittlich sind Frauen laut der Studie bereit bis zu 53 Euro für eine Jeans zu zahlen.
Nur, wie viel muss eine Jeans eigentlich kosten, damit wir als Kunden sicher sein können, dass von der Produktion bis zum Vertrieb alles fair zugegangen ist? Welche Faktoren spielen bei der Preiszusammensetzung eine Rolle?
Der Preis eines Kleidungsstücks gibt immer auch einen eindeutigen Hinweis auf die Produktionsbedingungen. Aber ebenso sagt uns schon unser gesunder Menschenverstand, dass es bei einer Jeans für zehn oder 20 Euro nicht mit rechten Dingen zugehen kann.
Aus welchen Posten setzt sich der Verkaufspreis einer Jeans zusammen?
Neben den eindeutigen Faktoren wie Produktionskosten (Material, Arbeitskraft und Fixkosten für den Zulieferer) kommen je nach Produktionsort noch Hafengebühren, See- oder Überlandtransport und Zölle hinzu. Am Bestimmungsort angelangt, fließen natürlich auch die lokalen Vertriebskosten (Miete Ladengeschäft, Unterhaltskosten Onlineshop, Personalkosten, Fixkosten) in die Kalkulation mit ein. Schließlich dann ggf. Marketingkosten, Versandkosten zu den Kunden, Verpackungskosten im Laden und Administrationskosten sowie die ortsübliche Umsatzsteuer. Ein ganz schöner Batzen, der in so eine Kalkulation mit einfließt, oder?
Hier ein Beispiel einer Preiskalkulation von Hess Natur von 2013 für eine Jeans zum Verkaufspreis von 79,90 Euro:
Mehrwertsteuer: 15,18 Euro
Produktions- und Materialkosten: 17,50 Euro
Fixkosten & Gewinn Lieferant: 4,90 Euro
Vertriebskosten Hess Natur: 14,14 Euro
Bereichs- und Administrationskosten: 11,60 Euro
Warenbewegung: 2,42 Euro
Kundenbetreuung: 2,30 Euro
Sonstige Kosten: 8,45 Euro
Gewinn: 3,41 Euro
Den Löwenanteil der Kosten verschlingen dabei nicht die Löhne der Näher, sondern die Kosten für Material, Verschiffung, Ladenmiete vor Ort und Umsatzsteuer. Damit ihr einigermaßen sicher sein könnt, dass eure Jeans unter Zahlung fairer Löhne und Einhaltung aller Sicherheitsstandards produziert wurde, müsstet ihr im Prinzip zuerst schauen, wo diese gefertigt wurde und dann recherchieren, wie hoch der Mindestlohn im Produktionsland sein muss, um die Lebenshaltungskosten zu decken. Schließlich überschlagt ihr diese Posten mit dem von euch gezahlten Preis und ihr habt eine grobe Ahnung. Gar nicht mal so leicht. Klar sollte aber sein: Bei einer Zehn-Euro-Jeans kann das niemals der Fall sein.
Mehr Transparenz
Wenn ihr ein Gefühl dafür bekommen möchtet, wie sich der Verkaufspreis von Kleidung zusammensetzt, schaut beim Berliner Label HundHund vorbei. Die Brand haben sich einer radikalen Transparenz verpflichtet und listet die Kosten eines jeden Kleidungsstücks detailliert auf. Zum Beispiel hier für ein T-Shirt. Achtet außerdem auf die Herkunft eurer Kleidung. Idealerweise wurde eure Jeans in Europa produziert. Siegel wie das der Fair Wear Foundation, GOTS-Siegel, Oeko-Tex oder das IVN Best Siegel garantieren überdurchschnittliche Sozial- und Umweltstandards.
Also, Butter bei die Fische, was darf eine Jeans denn nun kosten, wenn wir sie ruhigen Gewissens kaufen möchten? Herkunft und etwaige Siegel im Hinterkopf, liegt ihr mit einem Verkaufspreis zwischen 60 und 110 Euro auf der sicheren Seite. Das heißt natürlich nicht, dass alle 100-Euro-Jeans unter unbedenklichen Bedingungen produziert wurden. Es gilt immer das große Ganze zu betrachten und ein wenig nachzudenken. Übrigens gibt es inzwischen zahlreiche Denimbrands, die fair produzieren und deren Hosen regulär oder im Sale weniger als 100 Euro kosten. Zum Beispiel Armedangels, Closed Jeans, Nudie Jeans oder Kings of Indigo.