Der Jetset des kleinen Mannes

Mein Baby gehört mir …

von Steven Plöger

Mein blauer Mazda 3 hat mittlerweile 16 Jahre auf dem Buckel. Der Sohnemann hat mit Kindersitz und Spielzeug schon die komplette Rückbank für sich als Lebensraum erobert. Schrammen, Dellen und die Kilometerleistung sprechen ebenfalls deutlich für ein neues Gefährt.

Nur bin ich komplett verunsichert! Dem Diesel ist nicht mehr zu trauen. Oder ist es gar clever, gegen den Trend in einen günstigen Diesel zu investieren?

Ich bin auf dem Dorf groß geworden. Bei mir in der Heimat erkennt man sich noch an den Initialen auf dem Nummernschild. Leasing habe ich nie genau verstanden. Was der Bauer nicht kennt, least er auch nicht. Einen Neuwagen mit Ballonfinanzierung? Ich liebe es, Dinge sofort zu bezahlen. Ich habe das Geld, also kann ich es mir auch leisten.

Lohnt es sich noch, ein Auto zu besitzen?

Allerdings unterliegt man da bei vier Reifen mit einem Lenkrad wohl einem Denkfehler. Ein Auto für den alltäglichen Gebrauch sollte einem nie gehören, außer es ist ein Porsche aus dem Jahr 1970 im Originalzustand. Der gewinnt im besten Fall an Wert. Jedes andere Gefährt beim Autohändler des Vertrauens verliert dagegen mit jedem gefahrenen Meter. Warum also überhaupt einen Schlitten besitzen wollen?

Schon befinde ich mich im Spotify-Zeitalter. Man muss die Mobilität nur als Abo zur Verfügung haben. Nur gibt es da leider noch kein Angebot für 9,99 Euro im Monat mit hübschen Alufelgen. Leasing bietet mir zum festen Kurs immer ein neues Auto ohne Probleme bei der Wartung, aber ich muss es Vollkasko versichern. So ist die Flatrate dann schnell mit monatlichen Kosten von 600 Euro verbunden.

Dann doch lieber den Alten behalten

Für das Geld bekomme ich zwar auch noch keinen Wohnraum in Hamburg, aber einen fahrbaren Untersatz. Er gehört dem Jungen aus der Provinz aber nicht. Da würde ich schon beim Einsteigen mit der Angst vor plötzlich auftauchenden Blumenkübeln leben müssen. Jede Schramme wäre ein herber Verlust! Ich dürfte auch nie wieder das halbe McFlurry spontan im Fußraum verteilen. Könnte ich dem Wagen überhaupt noch einen Namen geben, wenn er mir nicht wirklich wie ein Familienmitglied gehört?

Früher hat man sein Auto einfach bar Kralle gekauft. Diese Zeiten sind vorbei. Vielleicht fahre ich den alten Mazda einfach noch ein paar Jahre bis zum bitteren Ende der Zylinderkopfdichtung.

ein Artikel von
Steven Plöger