Pleiten, Pech, Pannen
Pleiten
Ich komme gerade vom größten Branchentreffen der Fondsindustrie in Deutschland, dem Fondskongress in Mannheim. Ich würde sagen, dort war die Stimmung besser als die Lage. Während die Fondsindustrie die Höchststände an den Börsen feiert, gehen die Wirtschaftszahlen in Deutschland den Bach runter. Die Pleiten steigen signifikant an und das Wirtschaftswachstum sackt signifikant ab. Der Wirtschaftsminister verkündete für 2024 das zweite Jahr in Folge ein Schrumpfen des deutschen Bruttoinlandsproduktes und korrigiert die Zahl für das laufende Jahr 2025 drastisch auf einen Hoffnungswert von +0,3 Prozent. Deutschland befindet sich in der längsten Rezession seit 20 Jahren, mit dramatischen Folgen.
Der Kapitalstock schrumpft und beraubt uns damit auch künftigen Wohlstands. Es ist höchste Eisenbahn, dass sich etwas ändert. Egal welche Wohltaten wir uns als Gesellschaft leisten wollen, ohne ein Wirtschaftswachstum werden wir uns diese nicht leisten können. Auch nicht auf Pump, denn auch die Zinsen müssen erwirtschaftet werden. Apropos Zinsen, da war doch etwas diese Woche:
Pech
Die europäische Notenbank senkte die Zinsen um einen weiteren Viertelprozentpunkt auf jetzt 2,75 Prozent in der Eurozone. Pech nur, dass die Inflation immer noch über dem selbstgesteckten Ziel von maximal 2 Prozent liegt. Die Börse freut sich und quittiert mit dem Dax bereits das zehnte Allzeithoch des jungen Jahres. Das Geld wird billiger, die Lebenshaltung leider nicht. Dazu kommt ein sehr schwacher Euro zum Dollar, der den Einkauf von Energie und Nahrungsmittel am Weltmarkt zusätzlich verteuert. Ein weiterer Rückgang der Inflation für Europa daher aus meiner Sicht schwierig. Die Notenbank im Dilemma zwischen wirtschaftsfördernden Maßnahmen und Preisstabilität.
Das gleiche Problem treibt auch die US-Notenbank um, diese kommt aber zu einem völlig anderen Ergebnis. Dort blieben die Zinsen unverändert, da FED-Chef Powell die Inflation weiterhin als hartnäckig empfindet und auch Trumps Pläne als potentielle Treiber sieht. Pech für Donald Trump, der prompt die unterlassene Zinssenkung als Fehler kritisiert und FED-Chef Powell hart angreift. Er selbst, Donald Trump, wisse besser, wie der Zins aussehen sollte. Er sei, so wörtlich, ein „Niedrigzinstyp“, der Zinssenkungen in ungekanntem Ausmaß umsetzen würde. Apropos unbekanntes Ausmaß. Diese Woche schüttelte eine Meldung aus China die US-Techbörsen ordentlich durch:
Pannen
Deepseek, eine neue Künstliche Intelligenz aus China, sorgte für gewaltige Kursschwankungen bei Technologieaktien, die zeitweise um mehr als 20 Prozent einbrachen. Alleine Nvidia sorgte für den größten absoluten Tagesverlust einer einzelnen Aktie von 600 Milliarden US-Dollar. Doch sollte man sich darüber nicht grämen, denn Nvidia ist „Marktführer“ in absoluten Tagesverlusten. Alleine acht Mal sorgte man bereits für diesen Rekord, um anschließend wieder neue Hochs zu erklimmen. Ist Deepseek nur ein Deepfake? Angeblich will man für schlappe 6 Mio. Dollar die KI entwickelt haben und stellt damit die Milliardenausgaben der US-Tech-Giganten infrage. Allerdings soll Deepseek auf die Daten von ChatGPT zugegriffen haben, wie der Mutterkonzern OpenAI berichtet.
Am Ende waren die starken Kursbewegungen nur eine Folge von Pleiten, Pech und Pannen beim Informationsstand der menschlichen Intelligenz? Wie dem auch sei, der Erfinder der Pleiten, Pech und Pannen für das deutsche Fernsehen, Max Schautzer, ist diese Woche von uns gegangen. Er hat uns schon vor YouTube und den sozialen Medien gezeigt, dass wir Menschen einfach nicht perfekt, aber oft liebenswert in unserer Unbeholfenheit sind. Möge er in Frieden ruhen.
Ihr Volker Schilling