Leg dich nicht mit Zohran an, Und täglich grüßt das Palantir, 4 All-Zeit-Hoch-Zeiten und 1 Totalausfall
Leg dich nicht mit Zohran an
New York hat einen neuen Bürgermeister: Zohran Mamdani, 34 Jahre alt, Sohn ugandisch-indischer Eltern, Demokrat und erklärter Sozialist. Der jüngste Bürgermeister seit einem Jahrhundert und der erste muslimische überhaupt. Sein Sieg gilt als politisches Erdbeben nicht nur in der Stadt, die niemals schläft, sondern weit darüber hinaus. Denn Mamdani steht für Mieterschutz, kostenlose Busse, Mindestlöhne und eine radikal soziale Agenda. Sein Wahlsieg ist eine klare Absage an die Ära der Milliardäre und Immobilienmogule in New York. Natürlich trieb dies Forest Trump auf die Palme. Der US-Präsident versuchte, die Wahl zu einem Referendum über „linke Stadtpolitik“ zu machen und bekam prompt Kontra.
Mamdani wischte die Attacken in seiner Siegesrede beiseite und erklärte New York zur Stadt, „die sich nicht kaufen lässt“. Der Republikaner Curtis Sliwa sah gegen ihn aus wie ein Statist, Andrew Cuomo wie ein Relikt. Oder anders formuliert: Leg dich nicht mit Zohran an! In derselben Woche schrieb Trump ein weiteres absurdes Kapitel seines politischen Comebacks: Die Begnadigung von Binance-Gründer Changpeng „CZ“ Zhao, der 2023 wegen Geldwäscheverstößen verurteilt worden war. Offiziell ein Akt der Gnade, inoffiziell ein Signal an die Krypto-Community: Diese Regierung ist offener für digitale Währungen und Familie Trump empfänglich für Geschäfte mit Binance. Der Bitcoin rutschte diese Woche trotzdem kurzzeitig unter die Marke von 100.000 Dollar, weil Liquidationen von Milliardenpositionen die Euphorie abrupt dämpften.
Und täglich grüßt das Palantir
An der Wall Street wiederholt sich derzeit täglich ein Ritual: Herausragende Zahlen, Kurs auf Rekord, danach Abverkauf. Palantir meldete diese Woche zum neunten Mal in Folge Ergebnisse über den Erwartungen, hebt die Prognose an und verfeinert sein Geschäftsmodell Richtung KI-Plattform. Der Umsatz liegt bei über 4,4 Milliarden Dollar, die operative Marge steigt, der Cashflow fließt. Doch kaum wird das Allzeithoch erreicht, drücken Anleger auf den Verkaufsknopf. Das Muster wiederholt sich bei AMD. Umsätze und Margen übertreffen die Analystenschätzungen, der KI-Bereich wächst rasant, die Zukunftsaussichten sind glänzend. Trotzdem fällt der Kurs.
Die Bewertung ist hoch, und der Markt gönnt sich nach jedem Erfolg aktuell eine Verschnaufpause. Vielleicht ist es genau das, was Palantir-Chef Alex Karp einkalkuliert. Er weiß, dass Anleger lieber kurzfristig traden als langfristig vertrauen. Der Kurs schwankt, die Zahlen stimmen und die Erzählung bleibt intakt. Es ist die Wall-Street-Version von „Und täglich grüßt das Palantier“, nur mit weniger Romantik, dafür aber mit mehr Quartalsberichten. Es geht aber auch anders:
4 All-Zeit-Hoch-Zeiten und 1 Totalausfall
An den Börsen ist Hoch-Zeit-Stimmung. Gleich vier Werte feiern in dieser Woche neue Höchststände. Resolute Holding verdoppelt sich, Western Digital, Seagate und Amphenol erklimmen Allzeithochs. Speicher, Infrastruktur und Elektronikzulieferung, jene Branchen, die jahrelang als langweilig galten, sind plötzlich die Stars der KI-Wirtschaft. Western Digital und Seagate profitieren von der Datenflut, die jede neue Generation von KI-Systemen erzeugt. Wer große Modelle trainiert, braucht Speicher. Und wer Speicher verkauft, braucht derzeit keinen Marketingplan. Amphenol liefert als stiller Gewinner die Steckverbindungen, die alles zusammenhalten. Es ist das unspektakuläre Rückgrat des digitalen Booms. Und dann gibt es die Schattenseite: Fiserv verliert in derselben Woche fast die Hälfte seines Börsenwertes. Schwache Umsätze, eine gekürzte Prognose, Managementumbau, es war der größte Tagesverlust in der Firmengeschichte.
Während alle anderen feiern, geht Fiserv vom Parkett wie der Gast, der zu spät kommt und dann noch die Torte umstößt. So endet die Woche mit einem kuriosen Gleichklang: Rekorde und Ruinen, Euphorie und Ernüchterung. Vier Hoch-Zeiten und ein Totalausfall, nur dass die Börse das Drehbuch kommende Woche wieder neu schreiben wird. Stoff, aus dem meine Kolumnen sind.
Ihr Volker Schilling