Kunst in der Krise? – Ein Gastbeitrag von Oliver Lähndorf
Auch in Deutschland zeigte zuletzt eine bundesweite Studie des Instituts für Strategieentwicklung (IFSE), dass deutsche Galerien im Jahr 2024 rund 300 Millionen Euro weniger Umsatz machten als noch fünf Jahre zuvor.
Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Der Markt für zeitgenössische Kunst stirbt nicht – er verlagert sich und wird demokratischer. Dem allgemeinen Rückgang der Umsätze steht ein klarer Trend gegenüber: ein verlässlich wachsendes unteres Preissegment. Angetrieben durch den Verkauf von Werken im Wert von unter 5.000 US-Dollar, erreicht die Zahl an Transaktionen dort sich jährlich übertrumpfende Rekordhöhen, wie der aktuelle Report der französischen Auktionspreisdatenbank Artprice zeigt. Dafür verantwortlich ist vor allem eine neue Generation an Käufer*innen. Die Hälfte der Kund*innen in den Galerien machen mittlerweile Erstkäufer*innen aus, wie der Art Basel Art Basel and UBS Global Art Market Report kürzlich feststellte, die mit ihrem neu erwachten Interesse am Kunstkauf die traditionellen Strukturen des Kunstmarktes unter Druck setzen.
Wandel statt Krise: Auf dem Weg zu einem demokratischen Kunstmarkt
Statt spektakuläre Auktionspreise für die Superreichen, gibt es heute mehr Zugänglichkeit und neue Dynamik. Kunst wird von immer mehr Menschen als erschwinglicher Luxus entdeckt und zunehmend auch als alternative Anlageform – eine, die nicht primär auf hohe Renditen abzielt, sondern vor allem als eine Investition in das eigene ästhetische Vergnügen verstanden wird.
Die Affordable Art Fairs des britischen Messeunternehmens Ramsay Fairs haben diese Veränderung im Kaufverhalten früh erkannt und treiben diese Entwicklung seit über fünfundzwanzig Jahren aktiv voran. Mit Messen auf vier Kontinenten verkaufen sie an 15 Standorten weltweit ausschließlich Kunst in einem Preisrahmen von 100 bis 10.000 Euro. Und haben damit Erfolg. Mit dem Motto „Kunst für alle“ expandiert die Messe für erschwingliche Kunst in immer neue Städte, zuletzt kamen Berlin und Wien in der DACH-Region dazu, während zur dreizehnten Ausgabe des Hamburger Ablegers im November erneut über 20.000 Besucher*innen erwartet werden.
Kunst als Investment: Potenziale und Risiken im erschwinglichen Segment
Diese Entwicklung bedeutet auch: Der Kunstmarkt ist vielfältiger denn je. Um der Nachfrage einer nicht nur numerisch wachsenden, sondern auch diverser werdenden Kundschaft gerecht zu werden, legen Galerien neben renommierten Namen zunehmend den Fokus auf junge Talente. Auch die Affordable Art Fairs setzen auf diese Mischung: Für Investor*innen eröffnet sich hier die Möglichkeit, ihr Portfolio zu diversifizieren und langfristig von der Wertsteigerung solcher Emerging Artists zu profitieren.
„Viele glauben, Kunst sei erst dann ein Investment wert, wenn sie unerschwinglich teuer ist. Das ist Blödsinn“, sagt Messedirektor Oliver Lähndorf. „Wir sehen immer wieder Künstler*innen im Programm, die an der Schwelle zum internationalen Durchbruch stehen und starke Wertzuwächse von bis zu 200% erwarten lassen“, erklärt er. Dennoch ist die Investition in Kunst im unteren Preissegment immer ein Risiko. „Der Werdegang junger Künstler*innen ist nie garantiert. Wir verkaufen in erster Linie Kunst und kein Finanzprodukt. Die emotionale Wertschätzung ist der unmittelbare Gewinn genau wie die Tatsache, dass man mit dem Kauf Galerien unterstütz und junge Künstler*innen fördert, die man spannendet findet.“ Sein Tipp als langjähriger Experte: „Wer kauft, was ihm oder ihr gefällt, kann nicht verlieren.“
Ein Gastbeitrag von Oliver Lähndorf. Er ist Messedirektor der Affordable Art Fair und langjähriger Beobachter des Kunstmarkts. Als Experte auf diesem Gebiet kann er Auskunft darüber geben, wie die Galerien mit dieser Entwicklung des Marktes umgehen und welche Chance er in dem „First-Time Buyer“-Boom sieht, um den Kunstmarkt nachhaltig zu beleben.