Kevin – Allein zu Haus, Ist das Leben nicht schön?, Schöne Bescherung

Kevin – Allein zu Haus

Die vorweihnachtlichen Wirtschafts- und Finanzthemen erinnerten mich doch tatsächlich an grandiose Weihnachtsfilme. Zum Beispiel die Meldungen um Kevin. Irgendwann sind die Eltern weg, das Haus ist leer und plötzlich muss Kevin selbst klarkommen. Genau so fühlt sich derzeit die amerikanische Geldpolitik an. Jerome Powell packt langsam die Koffer, sein Abschied 2026 ist absehbar, und schon wird ein Kevin künftig auf das Haus aufpassen müssen. Heißt er Kevin Hassett oder Kevin Warsh? Sicher dürfte sein, es wird ein Kevin. Die Frage ist, welcher? Die Märkte beobachten diese Nachfolgedebatte mit der Nervosität eines Kindes, das plötzlich allein vor dem Weihnachtsbaum steht. Powell hat letzte Woche die Zinsen gesenkt, das Licht der Wirtschaft brennt noch, aber was passiert, wenn er die Tür endgültig hinter sich schließt?

Hassett gilt als politisch nahbar, Warsh als geldpolitischer Hardliner. Zwei völlig unterschiedliche Kevins, die den Einbrechern Inflation und Rezession auf keinen Fall Zutritt ins Haus gewähren wollen. Dazu passen die schwachen US-Arbeitsmarktdaten für November, die wie ein erster Einbruch wirken. Die Arbeitslosenquote steigt auf den höchsten Stand seit 2021. Noch kein Drama, aber ein deutliches Zeichen, dass die Wirtschaft vorsichtig die Treppe hinuntergeht. Kevin allein zu Haus heißt aber auch: Man merkt erst, wie fragil alles ist, wenn niemand mehr da ist, der richtig aufpasst.

Ist das Leben nicht schön?

Wie in diesem wunderbaren Film möchte man manchmal verzweifeln an den Ereignissen dieser Welt. So diese Woche der ifo-Geschäftsklimaindex, der erneut zeigt, wie schwer sich Deutschland tut, an das eigene Happy End zu glauben. Die Lage bleibt angespannt, die Erwartungen gedämpft. Kein Zusammenbruch, aber auch kein Aufbruch. Doch das Leben der Anleger war 2025 wunderbar, trotz vieler Negativschlagzeilen: Starke Wertentwicklung an den Börsen und Allzeithochs zum Jahresausklang. Gleichzeitig wird das Aus des Verbrenner-Aus eingeläutet. Ein industriepolitischer Realismus kehrt zurück, der weniger moralisch aufgeladen, dafür ökonomisch nachvollziehbarer ist.

Wie im Filmklassiker wird klar: Erst wenn das System zu kippen droht, erkennt man, was man hat: Wertschöpfung, Arbeitsplätze, industrielle Substanz. Auch in den USA stellt sich diese Frage neu. Ist das Leben nicht schön, wenn die Börsen steigen? Und 2026? Hier meine große Prognose, im Interview mit Florian Fischer-Fabian. Die Börsen schwanken zwischen Dankbarkeit für das Erreichte und Sorge vor dem Versagen. Es ist der Moment wie im Film, in dem man innehält, zurückblickt und merkt, dass Wohlstand und Glück nicht selbstverständlich sind. Doch wie der Charakter George Bailey, so wissen auch wir: „Ein Mensch, der Freunde hat, ist nie ein Versager!“

Schöne Bescherung

Weihnachten: große Erwartungen, hoffen auf ein Wunder und der familiäre Ausnahmezustand. Die Ukraine-Verhandlungen in Berlin fügen sich nahtlos in dieses Bild. Ein neuer Friedensplan liegt auf dem Tisch, die Hoffnung ist da, alle warten auf das Wunder von Moskau, aber die Realität bleibt kompliziert, wie weihnachtliche Familientreffen. Noch ist nichts entschieden, noch ist nichts gelöst. Eine Bescherung, ja, aber keine, bei der schon alle friedlich gemeinsam singen. Das Jahr endet mit offenen Fragen, politischen Baustellen und einer Welt, die sich Frieden, Reformen und Wachstum wünscht, aber noch keinen festen Bescherungstermin dafür hat. Wie bei Clark Griswold ist der Wille da, das Ergebnis bleibt aber ungewiss.

Und doch gehört genau das zu Weihnachten. Nicht die Perfektion, sondern das Innehalten. Nicht der perfekte Markt, sondern die Erkenntnis, dass Unsicherheit Teil des Spiels ist. Vielleicht ist das die eigentliche Botschaft dieses Börsenjahres: Man kann nicht alles kontrollieren, aber man kann lernen, damit umzugehen. In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen und Lesern ruhige Feiertage, ein paar Tage Abstand vom Markt, einen klaren Kopf für das neue Jahr und eine Bescherung, die nicht perfekt sein muss, sondern ehrlich, friedlich und zuversichtlich. Frohe Weihnachten.

Ihr Volker Schilling