Mehrweg, guter Weg

Diese Firma macht die Gläser für Nutella

von Moritz Weinstock

Glas ist nachhaltig – und boomt gerade auch deshalb wieder. Sehr zur Freude der größten Produzenten, wie beispielsweise der französischen Firma Verallia, die heute an die Börse gegangen ist. Was das Unternehmen noch so macht, erklärt dir ZASTER.

Plastik verschmutzt unsere Meere, selbst im ewigen Eis am Südpol ist es schon in Mikroform zu finden. Es muss etwas getan werden, so nicht nur die Meinung vieler Wissenschaftler. Supermärkte wie beispielsweise Aldi erhöhen die Preise für Plastiktüten. Wegwerfartikel, wie die kostenlosen Obst-und Gemüsebeutel, sollen auch bald verschwinden – oder etwas kosten.

Erstaunlich, dass es überhaupt soweit gekommen ist. Denn früher gab es für den Einkauf am Wochenmarkt Papiertüten, oder die Leute brachten ihre Einkaufskörbe mit. Heute erfahren genau diese Dinge ein Revival. Auch Bio-Supermarktketten halten dazu an, Plastikmüll zu vermeiden. Bei Denns können Kunden beispielsweise Waren aus der Käse-, Wurst – und Bäckertheke in mitgebrachte Behältnisse packen lassen. Und wer seinen Kaffee-To-Go-Becher mitbringt, bekommt 30 Cent Nachlass beim Kauf eines Heißgetränks.

Der Mehrweg-Mehrwert

Aber: Laut Verbraucherzentrale NRW haben Kunden keinen Anspruch darauf, eigene Behältnisse verwenden zu dürfen. Der Grund dafür liegt in den strengen Hygiene-Vorschriften, denen die Supermärkte beim Verkauf loser Frischwaren unterliegen. Was der Kunde mitbringt, darf nicht hinter die Theke. Die Lösung: Man trifft sich in der Mitte, beispielsweise auf der Ablage der Theke.

Noch besser ist es aber, wenn Plastik durch die richtige Produktwahl bewusst vermieden wird. Wasser kann in Deutschland bedenkenlos aus der Leitung getrunken werden, die zuständigen Ämter und Behörden überprüfen die Qualität penibel genau. Wenn’s aber trotzdem Sprudel oder feines Mineralwasser aus den Bergen sein soll, ist die Glasflasche die vermeintlich bessere Wahl. Allerdings: Abschließende Ergebnisse ob Mehrweg P.E.T-Flaschen umweltschädlicher sind als Glas, gibt es nicht. Das ist beim Joghurt oder Aufstrich anders. Das Plastik hierfür ist Müll und wird auch nicht mit 25 Cent Pfand belohnt.

Glas ist ihr Business

Für manche Hersteller kommt Plastik aber gar nicht erst in Frage. Nutella gibt es zum Beispiel nur in Behältern aus Glas. Bei Alkohol stellt sich die Frage in den seltensten Fällen (Tetrapak-Wein usw.) noch nicht einmal. Gut so, denn die Glasindustrie muss ja auch von irgendwas leben. Wobei: Wirklich schlecht scheint es ihr nicht zu gehen. Laut dem Bundesverband Glasindustrie konnte „das Jahr 2018 mit einem Umsatzplus von 4,0 Prozent abgeschlossen“ werden.

Ingesamt hat die Glasbranche 2018 einen Umsatz von 10,1 Milliarden Euro erzielt, was vor allem auf den starken Zuwachs aus dem Auslandsgeschäft (+ 10,2 Prozent im Vergleich zu 2017) zurückzuführen ist. Auch die Anzahl der Beschäftigen in Deutschland, die um fast fünf Prozent auf über 56.000 Mitarbeiter zugelegt hat, ist ein Indiz für den boomenden Glastrend.

Das positive Bild setzt sich auch im Einzelnen fort, wie der französische Glasproduzent Verallia zeigt, der heute an die Börse gegangen ist. Die Aktie lag zu Beginn des Handels 50 Cent höher als der Ausgabepreis von 27 Euro. Ingesamt spülte der IPO 888 Millionen Euro in die Kassen des drittgrößten Glasproduzenten Europas. Der aktuelle Börsenwert liegt nun bei mehr als 3,2 Milliarden Euro.

Nutella, Dom Perignon und Co.

Damit gelang dem 1827 gegründeten Traditionsunternehmen, das heute unter der Schirmherrschaft der Investmentfirma Apollo steht, der größten Börsengang dieses Jahres in Frankreich. Verallia-Chairman und CEO Michel Giannuzzi sieht den Erfolg des Unternehmens auch im aktuellen Zeitgeist begründet:

Das Umweltbewusstsein hat sich verstärkt, Plastik wird als Verschmutzer wahrgenommen, Glas dagegen als nobles Material

Michel Giannuzzi, Verallia-Chairman und CEO

Dass Glas boomt, zeigt der Blick auf die Zahlen. Pro Jahr werden bei Verallia 16 Milliarden Flaschen und Glasbehälter in 32 Niederlassungen produziert. Über 10.000 Mitarbeiter zählt das Unternehmen, in Deutschland arbeiten derzeit 1.600. Im vergangenen Jahr konnte der Umsatz um knapp fünf Prozent gesteigert werden, auf 2,4 Milliarden Euro. Laut Handelsblatt macht der Umsatz mit Wein und Spirituosen 59 Prozent aus. Bier liegt bei nur zwölf Prozent.

Bekannte Auftraggeber sind unter anderem „die Luxusgruppe LVMH mit dem Champagner Dom PerignonCognac Hennessy, Pernod Ricard oder Wodka Belvedere“, so das Handelsblatt. Auch für die Nahrungsmittelindustrie produziert Verallia Gläser. Prominentester Kunde hier: Ferrero, für die sie unter anderem die Nutella-Gläser herstellen.

Also immer dran denken: Nutella ist gut für die Umwelt, aber schlecht für die Zähne!

image_print
ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.