Ich kenne viele, die dem Sommer hinterhertrauern. Manche flüchten jetzt dorthin, wo es noch wärmer ist. Meine Großmutter liebte alle Jahreszeiten gleich und wir bekamen stets einen Spruch zu hören, wenn wir über das Regenwetter motzten: „Nur weil der Himmel weint wisst ihr zu schätzen, wie schön es ist, wenn die Sonne wieder lacht.“ Seitdem mag ich auch den Herbst. Als Kinder sammelten wir Blätter und klebten daraus eine Collage. Ich habe damals ein Herz aus dem getrockneten gold-gelben Baumschmuck auf ein Blatt Papier geklebt. Es hing viele Jahre im Arbeitszimmer meiner Eltern. Nun gehe ich morgens sehr gerne mit dem Hund durch den Herbstwald. Wenn der Wind den herabfallenden Blättern noch mal Auftrieb verleiht, versucht unsere kleine französische Bulldogge sie zu erhaschen, immer wieder ein amüsantes Schauspiel.
Kürzlich traf ich dort einen älteren Herrn mit einem Skizzenblock. Er saß auf einer Bank und malte den farbenprächtigen „Fieberbaum“ aus dem Senegal, wie Spaziergängern auf einer kleinen Tafel vor dem Stamm mitgeteilt wurde. Der Mann gestaltet Bilder zu Gedichten, als Geschenk für seine Frau. Zu Weihnachten bekommt sie das „Oktoberlied“ des Dichters Theodor Storm. Der Herr mit der grünen Allwetterjacke rezitierte im Wald die Lieblingspassage seiner Frau:
