Cash vs. Coins

Der Krieg ums Bargeld hat begonnen

von Carola Tunk

Wir Deutschen lieben unser Bargeld. Wirtschaft und Staat bevorzugen aber digitale Zahlungsmittel und haben Scheinen und Münzen den Kampf angesagt.

Zu umständlich, zu teuer, zu praktisch für Schwarzarbeit und Geldwäsche: Die Politik hat dem Bargeld den Krieg erklärt. Das digitale Geld wird von seinen Befürwortern gerne als Fortschritt, als Weg in eine moderne Gesellschaft verkauft. Wer hört schließlich noch Musik von Schallplatte, blättert in Fotoalben oder schaut in Faltkarten? Auch das Geld müsse digital werden. Vor allem für Notenbanker ist eine bargeldlose Welt eine Art feuchter Traum: Wenn Bürger ihr Vermögen nicht mehr zuhause in Form von Scheinen und Münzen horten könnten, wäre es zum Beispiel kein Problem, negative Zinsen durchzusetzen und die Wirtschaft besser zu kontrollieren. Den Strafzinsen dann auszuweichen wäre unmöglich, so das Kalkül.

„War on cash“ im vollen Gange

Auf der Gegenseite stehen die Verfechter eines Zahlungsmittels, das die Menschheit seit gut 2.500 Jahren begleitet. Ihre Argumente: Ohne Bargeld verlören die Bürger die Kontrolle über ihr Geld. Sie könnten es nicht mehr verstecken, etwa vor dem Ehepartner oder Erben, oder abheben, wenn sie einen Bankencrash fürchten. Klar ist: Der „War on cash“ ist in vollem Gange. Die ersten Schritte sind bereits getan, in vielen Ländern gibt es bereits Obergrenzen für Bargeldzahlungen. Gleichzeitig werden Scheine und Münzen gestrichen, wie der 500er in ganz Europa oder kleine Münzen in Italien. Vorreiter ist aber Schweden. Dort kann man selbst sein Bier in der Kneipe oft nur noch mit Karte zahlen. In einigen Kirchen haben Automaten dem Klingelbeutel für die Kollekte den Rang abgelaufen. Und in öffentlichen Verkehrsmitteln und Supermärkten spielt Bargeld schon länger nur noch ein Schattendasein. Laut der schwedischen Zentralbank haben Bargeldtransaktionen schon im Jahr 2015 nur 2 Prozent des Wertes aller Zahlungen ausgemacht. Bis 2020 soll dieser Wert auf 0,5 Prozent sinken.

Deutsche hängen am Bargeld

Deutschland hängt dem Trend hinterher. Denn die Deutschen und das Bargeld, das ist eine große Liebe. Nur jeder Dritte kann sich laut einer Bitkom-Studie vorstellen, vollkommen darauf zu verzichten. Und Viele zücken immer noch lieber Scheine, anstatt mobil oder mit Karte zu bezahlen. Rund die Hälfte der Transaktionen im deutschen Einzelhandel werden noch mit Bargeld abgewickelt. Vor allem aus Sicherheitsgründen. Viele befürchten, dass Hacker mobile Bezahlverfahren knacken und quasi im Vorbeigehen im Bus oder im Supermarkt Konten leerräumen. Fast genauso groß sind die Bedenken, dass das Handy gestohlen und dann mit Bezahldaten kriminelle Geschäfte getätigt würden. Dabei lauert bei digitalen Zahlungen eine viel größere Gefahr: Der Verlust der Privatsphäre. Datenschutz.

Wenn der Staat alles weiß

Egal ob beim Surfen im Internet, der Nutzung einer Smartphone-App oder der Fahndung nach Suchbegriffen per Google-Suchmaschine: Beim Einsatz von vernetzten Geräten fallen massig Daten an, die fleißig erfasst und verarbeitet werden. Sie protokollieren, wie groß oder klein wir sind, wie es um unsere Gesundheit steht und wie wir politisch ticken. Gesammelt in Profilen ist der „gläserne Surfer“ längst Realität. Denn solche Daten sind für Wirtschaft, Politik und Geheimdienste gleichermaßen interessant. Auch digitale Zahlungen hinterlassen massig Daten, egal ob per App oder Karte. So lässt sich genau nachvollziehen, was, wann und für wie viel Geld der Inhaber in letzter Zeit eingekauft hat. Diese Zahlungsdaten sind die letzten Puzzlesteine, die den Datensammlern noch fehlen. Das macht sie besonders kostbar.

Sich gegen den Datensammelwahn zu wehren, ist nahezu unmöglich. Massenüberwachung durch britische und US-amerikanische Geheimdienste sind heute gang und gäbe, das weiß seit Edward Snowden jeder. Was passiert aber, wenn Regierungen über jede unserer Zahlungen Bescheid wissen? Zahlungsdienstleiser wie VISA und PayPal haben nicht nur Zugriff auf sämtliche gesamte Online-Transaktionen, sondern sogar die Möglichkeit, Transaktionen zu zensieren oder zu stoppen. Es ist nicht lange her, dass Visa, PayPal und MasterCard aufgrund angeblicher Verletzungen der Geschäftsbedingungen die Spendenkonten von Wikileaks vorübergehend sperrten. Der Abschied vom Bargeld mag bequem erscheinen, gleichzeitig läutet er aber den endgültigen Abschied der persönlichen finanziellen Kontrolle ein. Geld würde nur noch aus Einsen und Nullen bestehen, per Mausklick ließe sich jedem jederzeit der Hahn abdrehen.

Lösung Kryptowährungen?

Eine Lösung des Problems könnten unabhängige Kryptowährungen sein. Der Bitcoin ist genau aus dieser Idee heraus entstanden: Überweisungen direkt von Person zu Person – ohne Einflussmöglichkeiten durch Banken oder staatliche Stellen. Als komfortable Zahlungsplattform könnten moderne Wallets fungieren, die Transaktionen mit digitalen Währungen einfach wie nie gestalten. Damit haben Nutzer nicht nur die Möglichkeit digitale Währungen zu kaufen oder zu verkaufen, sondern auch Rechnungen zu schicken und in digitalen Währungen zu bezahlen –. vollkommen unabhängig von Finanzinstituten und Regierungen. Doch dadurch entstünden wieder ganz andere Probleme (dazu mehr in einem anderen Artikel).

Fazit

Noch ist offen, wer den Krieg ums Bargeld gewinnt. Die Tendenz geht aber klar Richtung digitale Zahlungsmittel. Fest steht hingegen: Es geht um viel mehr als um Scheine, Münzen oder Plastikkarten. Es geht um Kontrolle und Macht – und unendlich viel Geld. Falls das Bargeld tatsächlich verschwinden sollte, könnten Kryptowährungen tatsächlich die letzte Möglichkeit sein, die Kontrolle über sein Geld zu behalten.

ein Artikel von
Carola Tunk
Carola Tunk wuchs in einem Haus mit einer Bibliothek auf, findet das Internet aber auch ganz ok. Bis sie sich eine Karriere als Romanautorin leisten kann, schreibt sie für ZASTER. Carola über ihr Verhältnis zu Geld: „Ich liebe Luxus, aber im Herzen bin ich Sozialist.“