„Das große Problem ist, dass junge Leute möglicherweise nicht investieren.“ – Im Gespräch mit Elisabeth Weisenhorn und Michael Hochgürtel
Wir kennen uns schon lange, weil ich viel über Sie während ihrer Zeit bei DWS in DER FONDS ANALYST geschrieben habe. Sie waren dort nicht nur verantwortlich für sehr viel Geld, sondern waren damals schon unglaublich erfolgreich. Sie haben aber dann irgendwann beschlossen, sich selbstständig zu machen und mit einer eigenen Firma und einem eigenen Fonds an den Start zu gehen. Erzählen Sie uns doch mal: Wer ist Portikus Investment? Wie kamen Sie auf die Idee?
Elisabeth Weisenhorn: Portikus Investment sind Herr Hochgürtel und ich. Wir haben die Firma 2014 gegründet mit dem Ziel, einen Fonds aufzulegen. „Portikus“ ist wie eine Säulenhalle und sagt etwas darüber aus, was wir machen. Denn bei festen Säulen kann es auch mal etwas stürmisch sein, aber im Prinzip ist es eine solide Sache. Herr Hochgürtel kommt eher von der ETF-Seite und ich bin die klassische Stockpickerin. Wir haben uns gedacht, dass es doch eine gute Idee wäre, unsere Expertise zusammenzuführen, um einen Mehrwert für unsere Kunden zu generieren.
Mich würde noch interessieren, Herr Hochgürtel: Frau Weisenhorn kenne ich ja schon sehr lange, auch aus Ihrer Zeit bei der DWS. Was waren denn Ihre Stationen, bevor Sie zu Portikus kamen?
Michael Hochgürtel: Nach meiner akademischen Ausbildung habe ich bei einer amerikanischen Bank begonnen, der Chase Bank AG. Ich bin bald in den Handel bei der BHF BANK AG gewechselt mit dem Schwerpunkt auf Treasury-Aktivitäten, Geldhandel, Rentenhandel. Später habe ich dann aber auch das gesamte Geschäftsfeld Financial Markets geleitet.
Sie sind eine Fondsboutique und Ihr Fonds heißt Portikus International Opportunities Fonds. Das legt für mich nahe: Da ist der Firmenname drin, also Sie stehen hinter dem Produkt, auch wahrscheinlich mit eigenen Geldern. Das zweite ist „international“. Das heißt für mich ein global anlegender Fonds. Und „Opportunities“ spricht auch eher für einen Aktienfonds. Liege ich richtig, wenn ich sage, wir reden hier über einen globalen Aktienfonds?
Elisabeth Weisenhorn: Nein, so kann man das nicht sehen. Wir haben das Produkt bewusst als internationalen Mischfonds konzipiert, wo wir aktiv auf allen Ebenen die Assetallokation steuern. Das heißt den Anteil Aktien, Renten und Cash und natürlich die Währung. Ja, wir sind seit einiger Zeit relativ hoch in Aktien investiert. Das war aber nicht immer so. Wir haben uns entschlossen, dass aufgrund der nicht so attraktiven Zinslandschaft die Aktie das attraktivere Investment ist. Es gab immer wieder schwierige Zeiten und in diesen schwierigen Zeiten galt es dann, Kurs zu halten.
Das ist ja tatsächlich ein häufiger Fehler, dass viele es vielleicht schaffen, Verluste zu begrenzen, aber die anschließende Erholung wird dann oft verpasst, gerade bei Mischfonds. Da passieren viele Fehler. Ich will allerdings noch mal wissen, wo ich Sie genau einordnen kann, weil wir ja auch innerhalb der Mischfonds sehr unterschiedliche Konzepte haben, also von ganz defensiven über flexible bis hin zu dynamischen, wachstumsorientierten Mischfonds. Wo würden Sie sich da selbst sehen?
Michael Hochgürtel: Ich denke der Begriff flexibel ist schon der richtige. Die Aktienquote kann zwischen 0 und 100 % schwanken. Wir würden aber wahrscheinlich eher immer über 51 % sein, insbesondere im Moment. Also Flexible Allocation, das ist eigentlich, was wir draufschreiben würden. Und dazu eben auch noch das Wort „Opportunities“ im Sinne von: Was kommen für Möglichkeiten auf uns zu, die wir dann auch wirklich schnell ergreifen können.
Den Begriff „Opportunities“ findet man ja tatsächlich eher auf der Aktienseite. Mich würde allerdings noch interessieren: Wenn man mal Ihre Vergleichsgruppe anschaut, dann haben Sie die in den letzten 10 Jahren sehr ordentlich outperformt, also einen wirklich unglaublichen, starken Mehrwert mit diesem aktiven Management erzielt. Was glauben Sie ist Ihre Stärke? Was bringen Sie mit, was andere Mischfondsmanager nicht mitbringen?
Elisabeth Weisenhorn: Ich denke, ganz wichtig ist unser starkes Commitment. Erstens überhaupt für das Produkt, für unsere Arbeit, und dann vor allem dieses Commitment in der Aktie, dass wir das auch relativ konsequent durchgehalten haben. Der Kompass, der ist wichtig. Ich mache jetzt gerade mal einen kleinen Diskurs in die Politik: Es fehlt der Kompass.
Also, das heißt auch, gerade wenn man Fondsmanager oder Fondsmanagerin ist, muss man wissen, wie man steuert und wohin man steuert in so einem Fonds. Und vielleicht auch, wenn Sie das ergänzen können: Was sind denn dann Ihre Ziele? Was ist der Anspruch dieses Fonds? Wo will man hin?
Elisabeth Weisenhorn: Wir wollen unseren Kunden die Möglichkeit geben, dass sie so gut wie möglich und so viel wie möglich in den großen internationalen Aktienmärkten investiert sein können. Und damit über die Zeit hinweg eine gute Rendite erwirtschaften. Dabei achten wir, das ist vielleicht auch ein Unterschied zu anderen, nicht ganz so stark auf die Volatilität. Die muss man manchmal aushalten. Aber auch da müssen wir immer wieder unsere Hypothesen, unsere Meinungen hinterfragen. Können wir das durchhalten oder müssen wir agieren, müssen wir uns absichern? Also da ist auch immer und sehr oft diese Aktivität gefragt, die manchmal dann auch gar nicht zu einer Handlung führt. Auch das Nichthandeln ist sehr oft ein aktives Herangehen.
Ein ganz wichtiger Satz, weil Aktivität leider oft mit Aktionismus verwechselt wird. Ich finde es sehr wohltuend, wenn man hört, dass auch erfahrene Fondsmanager und Fondsmanagerinnen wirklich das Handwerk noch von der Pike auf gelernt haben. Und ich glaube, das ist etwas, was Sie unglaublich stark mitbringen. Ich will aber nochmal nachfragen zum Thema Opportunities. Herr Hochgürtel: Was sind denn die Opportunities, außer dass man in Aktienmärkte investiert?
Michael Hochgürtel: Vielleicht sollten wir nochmal die Stellschrauben festlegen. Als wir mit unserem Fonds angefangen haben, lag die Aktienquote bei circa 75 %. Sie liegt also heute deutlich höher. Das ist der Entwicklung der Zeit geschuldet. Wir sind froh, dass wir nicht festgelegt sind. Unsere Amerika-Ausrichtung ist ebenfalls größer geworden. Die nächste Opportunity, so sehen wir das, ist die Produktebene: die Einzelaktie versus ETFs, die ETFs als Grundanlage, eine Riesen-Opportunity mit dem S&P 500 in der Mitte und dann die einzelnen Aktien, die später dazukamen, auch aus dem Tech-Bereich in Amerika. Eine Riesen-Opportunity, die wir nur in dieser Konstellation wahrnehmen konnten.
Elisabeth Weisenhorn: Und dann natürlich auch im ETF-Bereich diese aktive Suche nach Opportunities. Also wir haben nicht nur die ganz großen Indices, sondern wir sind auch in Small Caps und Value investiert, Opportunities eben. Das ist nicht immer einfach, denn Sie müssen ein ganz, ganz großes Feld beackern.
Sie haben gerade auch ein paar Instrumente angesprochen. Habe ich das richtig verstanden, dass Sie eben neben Einzelaktien auch ETFs nutzen, um in bestimmte Regionen, Sektoren oder Branchen zu investieren?
Michael Hochgürtel: Das spiegelt auch wider, dass wir uns von unterschiedlichen Seiten dem Fonds genähert haben. Elisabeth als Stockpickerin und ich eher von der Indexseite. Wir haben ein Core-Investment über ETFs und dazu die Anlage in Einzelaktien.
Elisabeth Weisenhorn: …und über die Spezialsituationen in den ETFs.
Michael Hochgürtel: Wir haben sowohl bei den ETFs als auch bei den Aktien entsprechende Möglichkeiten. Es müssen nicht nur die großen Aktien und nicht nur die Tech-Werte sein; sondern es sind auch kleinere Unternehmen, die in Europa in den letzten Monaten und Jahren nachgehangen haben. Wir können auf dem Klavier von ganz links nach ganz rechts spielen.
Was sind denn die Ziele, die man auf der Performance-Seite erreichen möchte? Oder machen wir es ganz einfach. Sie sind schon 10 Jahre am Markt. Was sind denn Ihre Durchschnittsergebnisse über diesen Zyklus? Und vielleicht reden wir an der Stelle auch nicht nur über die Rendite, sondern auch ein bisschen über die Risikoseite. Also, wo bewegen wir uns in den Drawdowns oder in den Volatilitäten Ihres Fonds?
Elisabeth Weisenhorn: Die Durchschnittsrendite über die 10 Jahre liegt bei 6,2 %. In zwei schlechten Jahren hatten wir Ergebnisse bei circa minus 13%. Das war 2018 und 2022. Aber wie gesagt, wir stehen heute da mit einem Anteilswert, der circa 80 % über unserem Anfangswert liegt und die Gesamtperformance incl. Ausschüttung liegt bei 90% seit Auflage. Die Volatilität liegt bei 12-13 %, also auch besser als ein DAX. Manchmal ist der DAX dann doch wieder ein Benchmark, obwohl wir benchmark-unabhängig sind. Ich denke, wir können uns ganz gut sehen lassen.
Ja, ich als Analyst würde auch sagen, für einen Mischfonds ist das eine durchaus gute Rendite. Und es lässt sich deutlich zeigen, dass Sie eine geringere Volatilität haben als natürlich Aktienfonds an sich, und ich glaube auch, dass Ihr Fonds, eher auch eine Dienstleistung darstellt, um flexibel in die Märkte zu investieren. Sie übernehmen die Verantwortung der Steuerung der Aktienquote.
Elisabeth Weisenhorn: Und das ist auch wirklich eine Herausforderung, die manchmal schwer auf unseren Schultern liegt.
Michael Hochgürtel: Bei den Kunden fällt ja auch über die letzten Jahre auf, dass sie mehr und mehr über ETFs sprechen wollen. Und das tun wir. Sie wollen aber auch Aktien haben. Also eigentlich geht diese Welt da draußen mehr und mehr zu so einer Mischung aus ETFs plus Einzelaktien. Und es ist wichtig, sie überhaupt in die Aktienwelt zu bringen.
Es ist eine große Dienstleistung, die wir auch noch in Deutschland zu erbringen haben: Aus den vielen, vielen Sparern Anleger zu machen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass, wenn viele Anleger mal genau auf ihr eigenes Portfolio schauen, wo sie selbst in ETFs oder selbst in Einzelaktien investieren, dass sie über so einen langen Zeitraum, wie das im Hause Portikus der Fall ist, vielleicht nicht unbedingt diese Durchschnittsrenditen erreichen. Man spricht ja lieber über seine Erfolge als über seine Niederlagen. Als Fondsmanager ist man da unglaublich transparent. Das ist der Vorteil eines Fonds, dass man sich jeden Tag messen kann und vergleichen kann mit dem, was da draußen passiert.
Elisabeth Weisenhorn: Oder muss. Was habe ich vielleicht nicht ganz richtig gesehen? Wo kann ich mich verbessern? Wo ist die nächste Opportunität?
Das ist ein gutes Stichwort, ich kann Sie natürlich nicht gehen lassen heute, ohne dass wir genau nochmal einen kleinen Blick darauf werfen: Wo sind denn aus Ihrer Sicht Opportunitäten in den nächsten 10 Jahren? Also mich interessiert gar nicht so, was im nächsten Monat als neues Thema wieder durchs Dorf getrieben wird, sondern an welchen Themen werden wir nicht vorbeikommen?
Elisabeth Weisenhorn: Ich denke, das ist fast eine philosophische Frage. Wir haben einen marktwirtschaftlichen Kompass und denken, dass es immer am besten sein wird, in Unternehmen zu investieren.
Frau Weisenhorn, ich höre daraus, dass Prognosen nicht unbedingt der Punkt sind, wo Sie sagen, darauf basiert mein Asset Management.
Michael Hochgürtel: Ich bin völlig Ihrer Meinung. Langfristige Prognosen sind schwierig.
Was muss ein Unternehmen aus Ihrer Sicht, Frau Weisenhorn, mitbringen, damit es für Sie interessant ist?
Elisabeth Weisenhorn: Zunächst müssen die Unternehmen in unserem Portfolio immer wieder überprüft werden: stimmt die Richtung noch, sind sie zu hoch oder zu niedrig bewertet. Dann aber auch Unternehmen, die es vielleicht momentan ein bisschen schwierig haben und die sich aber aus dieser Schwierigkeit heraus wieder entwickeln, weil sie ein gutes Management haben. Und das haben viele deutsche Unternehmen nach wie vor. Das sollte man gar nicht vernachlässigen. Auch französische Unternehmen, auch Europa. Man sieht jetzt auch, dass sogenannte Value Investoren aus Amerika sich hier wieder Portfolios aufbauen. Also das wollen wir auf keinen Fall vernachlässigen.
Was würden Sie gerne jungen Menschen, die ihr Vermögen erst noch aufbauen müssen, als Rat mitgeben?
Michael Hochgürtel: Das große Problem ist, dass diese jungen Leute möglicherweise nicht investieren. Sie müssen investieren und ihr Kapital so früh wie möglich einsetzen neben ihrer Arbeit. Das würde ich empfehlen. Denn das ist ja das Dilemma, was wir haben. Es muss mehr Geld in Aktien kommen.
Dies ist keine Anlageberatung. Bitte informiert euch vor einer Geldanlage über die Risiken und beachtet unsere Hinweise hier.