Energiekosten

Darum wird Strom immer teurer

von Nils Matthiesen

Wir Deutschen zahlen in Europa die höchsten Strompreise – Tendenz steigend. Warum das so ist, hat ZASTER analysiert.

Es geht weiter, immer weiter nach oben. Strom kostet aktuell im Schnitt zwischen 30 und 31 Cent pro Kilowattstunde (kWh). 2020 könnte es abermals teurer werden. Grund dafür sind unter Anderem die Kosten zur Förderung des Ökostroms, die die Anbieter zum Teil auf die Kunden umlegen. Sie steigen im kommenden Jahr um 5,5 Prozent auf 6,756 Cent je Kilowattstunde. Ein Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 5.000 kWh Strom muss demnach 18 Euro mehr pro Jahr zahlen, rechnet das Preisvergleichsportal check24 vor. Aber wie stark sind die Strompreise in den letzten Jahren wirklich gestiegen? Und warum müssen wir immer mehr für Strom zahlen? ZASTER beantwortet die wichtigsten Fragen.

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Wie hat sich der Strompreis in den letzten Jahren entwickelt?

Auf jeden Fall stark nach oben. Im Jahr 2000 kostete die Kilowattstunde noch rund 14 Cent – das entspricht einem Anstieg von über 100 Prozent. Seit 2009 sind die Strompreise durchschnittlich um 30 Prozent gestiegen.

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Warum wird Strom immer teurer?

Es sind die Steuern, Abgaben und Umlagen, die kontinuierlich steigen. Du kennst das von der Tankstelle: Mehr als 50 Prozent des Strompreises bestehen aus Steuern, Abgaben und Umlagen. So kletterte allein die Erneuerbare-Energien-Umlage seit ihrer Einführung im Jahr 2010 um rund 230 Prozent ­– von 2,05 Cent auf aktuell 6,79 Cent pro kWh. Steuern, Umlagen und Abgaben machen mittlerweile 54 Prozent des Strompreises aus. Kaum zu glauben: Die eigentlichen Strompreise (Beschaffung & Vertrieb) sind in den letzten Jahren sogar gefallen. Zum Beispiel von 8,53 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2009 auf 7,06 Cent im Jahr 2019. Ein Blick auf die Großhandelsstrompreise zeigt zudem, dass Deutschland sogar die zweitniedrigsten Börsenstrompreise in Europa aufweist.

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Wie viel tiefer müssen Verbraucher für Strom in die Tasche greifen?

Ein Musterhaushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 5.000 kWh zahlte im Oktober 2009 noch durchschnittlich 1.102 Euro im Jahr. Aktuell müssen Verbraucher für die gleiche Menge Strom im Schnitt 1.473 Euro zahlen. Das entspricht einem Zuwachs von 33,67 Prozent. Laut Statistiken des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (bdew) müssen Verbraucher mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh im Vergleich zu 1998 satte 78 Prozent mehr für Strom auf den Tisch legen.

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Ist Strom in Deutschland besonders teuer?

Ja. Wir liegen bei den Strompreisen europaweit auf Rang 2, zahlen also vergleichsweise viel. Der durchschnittliche Strompreis für Haushaltskunden in Europa lag Ende 2018 bei 20,73 Cent je Kilowattstunde. Aber nicht nur in Deutschland müssen Verbraucher mit hohen Strompreisen leben, auch in vielen Ländern Europas sind die Kosten für Energie in den letzten 10 Jahren stark gestiegen. Die Unterschiede zwischen den EU Ländern sind trotzdem riesig und erstrecken sich von 11 Cent pro Kilowattstunde in Ungarn und Rumänien bis zu 31 Cent in Dänemark. Zudem zahlen Stromkunden in Deutschland ungefähr doppelt so viel wie ihre Nachbarn in Tschechien (15,8 Cent) und in Polen (13,9 Cent). Doch auch der Strom in den Niederlanden (17,1 Cent) und Frankreich (17,9 Cent) ist im Vergleich deutlich günstiger.

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Werden die Strompreise weiter steigen?

Das ist aufgrund verschiedener Faktoren wahrscheinlich. Der gestiegene Preis für CO2 ist eine der Hauptursachen. Bisher trieben vor allem Netzentgelte, Steuern und Abgaben den Preis für Endkunden in die Höhe. Aber jetzt steigen auch die Einkaufspreise für Versorger. Grund dafür sind vor allem die gestiegenen Kosten für CO2-Zertifikate. Was das für die Stromrechnung der Zukunft genau bedeutet, ist schwer zu sagen – das hängt davon ab, ob und wie die Stromanbieter die Preissteigerungen weitergeben.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.