KINDERGELD

Wenn das Coronavirus die Abschlussfahrt killt

von Marcus Lucas

Traurige Investment-Lektion für den Sohn unseres Kolumnisten. Manchmal kommen die Dinge einfach anders als man denkt – und dabei kann man auch viel Geld verlieren.

Ich kann gar nicht sagen, ab wann meine Kinder verstanden haben, dass die Situation mit dem neuen Coronavirus ernst ist. Als wir ihnen noch einmal erklärt haben, wie sie sich richtig die Hände waschen? Als ich Max gesagt habe, dass er am Wochenende nicht mehr abends zum Feiern rausgehen darf? Als die Schulen geschlossen wurden?

All das waren starke Signale. Aber doch gab es erst vor zwei Tagen eine richtige Reaktion bei Max. Die anderen Ereignisse hatte er mit der gespielten Gelassenheit eines 16-Jährigen ertragen. Cool bleiben, sich nichts anmerken lassen. Doch als die E-Mail seiner Lehrerin mit der Absage der geplanten Klassenfahrt nach Neapel kam, war das ein richtiger Tiefschlag.

Es sollte die Abschlussfahrt sein, bevor der Großteil der Schülerinnen und Schüler sich in die Abiturphase begibt. Deshalb wurde viel geplant. Die Reise sollte den Schülern einen neuen Horizont eröffnen und gleichzeitig ein schönes letztes Erlebnis als Klasse sein. Wir als Eltern haben das Geld bezahlt. Die Klasse machte sich darüber Gedanken, wie sie den CO2-Verbrauch für den Flug ausgleicht und wollte dafür selbstständig Geld sammeln. Alles vorbei.

Er merkt plötzlich, dass es Risiken gibt. Ich kann Geld für etwas ausgeben und nichts dafür bekommen.

„Was ist denn jetzt mit dem Geld?“, fragte Max. Ich zuckte mit den Schultern. Normalerweise sichern wir uns bei Reisen gegen die üblichen Dinge wie Erkrankungen ab. Aber haben wir eine Pandemie mitgedacht? Nein, natürlich nicht. Ob das in die Versicherung fällt? Ich weiß es nicht. Und genau das sage ich Max.

Er merkt plötzlich, dass es Risiken gibt. Ich kann Geld für etwas ausgeben und nichts dafür bekommen. Ich kann Geld investieren und am Ende ist es vielleicht weniger als vorher. Ich kann alles richtig machen und trotzdem kann etwas nicht klappen. Gegen manche Dinge sind wir machtlos.

Das ist schon eine miese Lektion für ein Kind, denke ich mir. Doch ich komme gar nicht so weit, mich von meinen düsteren Gedanken davon treiben zu lassen. Denn Max lachte mich an und fragte mit einem Selbstbewusstsein, das wohl nur Teenager haben: „Wenn du das Geld für die Klassenfahrt zurückbekommst, kann ich das für eine Reise mit meinen Freunden benutzen? Du hast es doch sowieso schon abgeschrieben.“

Er lernt schnell, dachte ich.

ein Artikel von
Marcus Lucas