Chips, Coins, Jetons
Chips
Wenn Sie zuerst an die leckeren Chipstüten denken, dann sind Sie vielleicht kein Fan von Halbleiterinvestments. Der Branchenprimus, quasi die größte Chiptüte, meldete diese Woche die mit Spannung erwarteten Quartalszahlen. Der Aufriss um NVIDIA steht dem Aufriss einer großen Chipspackung in nichts nach. Gierig ersehnt man den Inhalt, verschlingt meistens alles viel zu schnell und ist am Ende von einem Völlegefühl geplagt. Genau so ging es auch den Aktionären von NVIDIA diese Woche. Der Umsatz legt rasant zu, plus 94 Prozent. Der Gewinn mit 19,2 Mrd. sogar mehr als verdoppelt. Doch der Ausblick löst ein Völlegefühl aus und die Aktie kann nach anfänglichen Korrekturen nur behäbig zulegen, erreicht aber dennoch neue Allzeithochs. Chips machen einfach doch auch irgendwie glücklich.
Ein kurzer Blick auf die Waage kann aber ernüchternd sein. So auch beim US-Halbleiterindex SOX, der Börsenwaage über den Zustand der Halbleiterindustrie, die trotz dem erfolgreichen Schwergewicht NVIDIA mehr als angeschlagen aussieht. Es riecht nach FdH in der Chipindustrie. Die Werte Broadcom, Qualcomm und Applied Materials oder auch ASML schwächeln bereits. Es scheint, als dass den Anlegern langsam der Appetit vergeht und sie ihre Chips vom Tisch nehmen. Schließlich gibt es noch andere leckere Investments:
Coins
Coins, vor allem Bitcoins, standen diese Woche im Zentrum der Gier. Mit Laseraugen blicken die Investoren darauf, dass man kurz vor der 100.000 Dollarmarke für einen Bitcoin steht. Da kann weder der lasche G20 noch der uneinige Klimagipfel in der medialen Berichterstattung mithalten. Und einmal mehr zeigt sich, dass Kurse sehr wohl durch politische Veränderungen gemacht werden. So hat der Chef der US-Börsenaufsicht SEC angekündigt, dass er sich mit der Amtseinführung von Donald Trump am 20. Januar von seinem Amt zurückziehen werde. Der als Kryptokritiker bekannte Gary Gensler macht damit den Weg frei für eine weitere spannende Trump Personalie.
Die als „Crypto-Mom“ bekannte Hester Peirce könnte bald das Amt des SEC-Chefs übernehmen. Damit wären die Zeiten von Klagen gegen Kryptounternehmen und Handelsplattformen vorbei. Der Bitcoin damit auf dem Weg zu einer Währungsalternative für Amerikaner? Mir scheint, dass mit dem Kursanstieg bei den Bitcoin-Jüngern auch wieder etwas die Hybris ausbricht. So hat MicroStrategy-Gründer Michael Saylor diese Woche Warren Buffett vorgeworfen, dass er Milliarden Dollars vernichtet, weil er seinen Cashbestand nicht in Bitcoin anlegt. Buffett hat sich dazu noch nicht geäußert, aber ich kann mir vorstellen, dass er statt der Coins eher das damit verbindet:
Jetons
Seit langem ist die Börsensprache durchsetzt von Begriffen aus dem Spielcasino. So ist der Blue-Chip nicht nur das Synonym für ein besonders großes marktkapitalisiertes Unternehmen, sondern ursprünglich der meist wertvollste Jeton in einem Spielcasino mit blauer Farbe. Und wenn Bitcoin-Fans wie Michael Saylor All In gehen und High Roller wie Warren Buffett auffordern es ihm gleichzutun, dann kann man spüren, dass es zu viele Spieler am Markt gibt, die nicht investieren, sondern spekulieren. Als Croupier dieser Kolumne muss ich Ihnen daher sagen, dass es nach Korrektur riecht, aber ich nicht weiß, wann die Spieler den Tisch verlassen werden.
Das Timing gleicht daher eher einem Roulettespiel. Die meisten Anleger setzen daher ihr Pokerface auf und lassen sich nicht in die Karten schauen. Außer vielleicht Warren Buffett, der mit seinem gigantischen Cashbestand ein klares Zeichen setzt, wo er die Bewertung der Börse sieht. Bleibt abzuwarten, wer am Ende den Jackpot in den Händen hält. Ihnen, liebe Leser, wünsche ich ein glückliches Händchen.
Ihr Volker Schilling