Smile to Pay

Bezahlen wir in Deutschland bald mit einem Lächeln?

von Julia Brinker

Während in Deutschland schon alleine die Bezeichnung „Mobile Payment“ für empörte Diskussionen über Datenschutz und Co. sorgt, ist man in China schon zehn Schritte weiter. Die Bezahlung per Gesichtserkennung ist auf dem flächendeckenden Vormarsch – Bedenken indes gibt es kaum. Doch wie genau funktioniert das sogenannte „Smile to Pay“-Verfahren und welche Vor- und Nachteile hat es?

Zahlen per Gesichtserkennung ist in China streng genommen schon wieder ein alter Hut. Denn bereits Ende 2017 führte der Platzhirsch Alibaba mit seinem Bezahldienst Alipay diese Möglichkeit ein. Und zwei Jahre sind in der Digitalbranche ja fast schon eine kleine Ewigkeit.

Wo hierzulande alles nur noch Datenschutz schreit, wird in China derartiger Fortschritt gerne angenommen. An Kassen von Supermärkten und vielen Einzelhändlern werden die Gesichter der Kunden mithilfe kleiner Kameras blitzschnell mit den hinterlegten biometrischen Daten abgeglichen. Zu Sicherheitszwecken geben die Kunden noch ihre Telefonnummer ein, fertig. Ohne Handy, Bankkarte oder Bargeld.

Datenschutz? Kein Thema in China

In China, so scheint es, schreitet die Digitalisierung rasend schnell voran. Ein Hauptgrund hierfür ist die fehlende gesellschaftliche Debatte um Themen wie etwa das Recht auf Datensicherheit. Allen Fortschritten zum Trotz: Meinungs- und Pressefreiheit oder freie Lobby- und Interessensarbeit existieren in der Volksrepublik eigentlich nicht. Und somit werden kritische Fragen gar nicht erst aufgeworfen.

Tatsächlich soll aber gerade die Gesichtserkennung eine extrem sichere Zahlungsmethode sein. Gesichter lassen sich schwerlich rauben und durch die zusätzliche Eingabe der Telefonnummer ist eine weitere Sicherheitsstufe gegeben. Doch was mit den Millionen biometrischen Daten passiert, wo sie gespeichert werden und ob sie geschützt sind vor dem Zugriff von Dritten – wer weiß das schon?

Die Kundenwünsche von den Augen ablesen

Die biometrischen Daten der Kunden werden nicht nur genutzt, um den Bezahlvorgang zu vereinfachen. In Kombination mit dem (aufgezeichneten) Kaufverhalten und der aktuellen Stimmung werden Wünsche im wahrsten Sinne des Wortes von den Augen der Kunden abgelesen und entsprechende Produktempfehlungen angeboten. Auch werden die Gesichter von Stammkunden gespeichert, denen wiederum besondere Loyalty-Angebote gemacht werden können. Ein sehr individueller Service, der natürlich umso umsetzbarer wird, umso mehr personenbezogene Daten vorliegen.

Digitaliserung in Deutschland: schleppend, aber es bewegt sich was

In deutschen Großstädten sieht man immer mehr Menschen, die Services wie ApplePay nutzen. Und vielleicht hat auch euer Supermarkt schon sogenannte SB-Kassen, die ohne Personal auskommen und du entsperrst dein iPhone per Gesichtsscan? Laut einer Umfrage von Statista sagen aber auch 2019 noch 43 Prozent der Deutschen, dass sie lieber nicht mit ihrem Smartphone bezahlen möchten.

Die Hauptgründe hierfür: Angst vor Betrug, Diebstahl und die eigenen Daten. Die Erfahrung zeigt: Hierzulande steht man derartigem Fortschritt skeptisch gegenüber und die Umsetzung läuft bestenfalls schleppend voran. Doch in einer digitalisierten Welt führt früher oder später kein Weg an derlei Innovationen vorbei. In Europa testen bereits erste Banken die Gesichtserkennung an ihren Geldautomaten, allen voran die spanische Caixa-Bank.

In China ist man indes schon wieder einen Schritt weiter. Da viele (vor allem weibliche) Kunden sich beim Bezahlen via „Smile to Pay“ auf dem Monitor nicht gefallen, hat Alibaba nun einen Beauty-Filter angekündigt.

ein Artikel von
Julia Brinker
Julia Brinker studierte in in Bonn und Bochum Germanistik und Romanistik und lebt nun in Berlin das Leben, das sie immer leben wollte. Warum? Weil sie in der Kultur- und Lifestyle-Metropole endlich Geld für all die Dinge ausgeben kann, die ihr am meisten Spaß machen.