H2 oder was?

Alles, was du zum Thema Wasserstoff-Auto wissen musst

von Moritz Weinstock

Deutschland soll zum Silicon Valley für Wasserstofftechnologie werden. Doch was ist das eigentlich genau und warum sind die Hoffnungen in den Energieträger so groß? ZASTER erklärt dir Wasserstoff.

Elektroautos sind auf dem Vormarsch, das wurde nicht nur auf der diesjährigen Internationalen Automobilausstellung IAA klar. Grund dafür ist allerdings nicht nur ein flächendeckendes Umdenken innerhalb der Gesellschaft, sondern eine Art neu entflammter Pioniergeist, sowie die Einhaltung der Klimaziele 2030. Die Zeit scheint reif für Experimente und wagemutige Vorstöße – auch seitens der Politik. Umweltschutz und technologischer Fortschritt? – Schreibt sich nahezu jede Partei gerne auf die Agenda. Denn die Themen ziehen bei den Wählern, vor allem den jungen.

Weiter, immer weiter!

Doch während die heimische Automobilindustrie Werke umrüstet, neue Modelle mit Elektroantrieb präsentiert und sogar in die Batterieproduktion einsteigt, verfolgen die Ministerien für Wirtschaft, Verkehr, Forschung und Wirtschaftliche Zusammenarbeit noch ehrgeizigere ZieleSie wollen Deutschland zur Nummer Eins im Bereich der Wasserstofftechnologie machen, wie sie kürzlich auf der Konferenz zur nationalen Wasserstoffstrategie in Berlin bekannt gaben. Wie die Tagesschau berichtet, wollen man hier nicht hinterherhinken, wie man es beispielsweise jahrelange im Bereich der Elektromobilität tat. Doch was hat es mit dieser Technologie auf sich? Warum verspricht sich die Politik so viel davon und wieso fahren bisher nur rund 600 Autos in Deutschland mit Wasserstoff?

Wasserstoff heißt nicht: Mit Wasser fahren

Zunächst einmal klingt der Antrieb per Wasserstoff sehr verlockend und simpel. Doch wer im Chemieunterricht aufgepasst hat, weiß, dass es sich hierbei nicht um reines Wasser handelt. Autos, Maschinen, Flugzeuge, die auf diese Antriebstechnologie setzen, werden nicht mit Leitungswasser befüllt. Vielmehr muss Wasserstoff erstmal gewonnen werden, da er in seiner Reinform in der Natur nicht vorkommt.

Vereinfacht dargestellt, wird mithilfe von Strom H2O, also Wasser, in seine beiden Bestandteile Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) aufgespalten. Heißt also: Bevor Wasserstoff selbst zur Energiequelle werden kann, verbraucht er Energie. Kritiker sind deshalb der Meinung, dass Wasserstoff nur dann als sauber und grün betrachtet werden kann, wenn der Strom zur Herstellung ebenfalls aus nachhaltigen Quellen, wie Wind- oder Solarkraftanlagen stammt.

Wasserstoff lässt sich besser speichern

Zudem ist der Aufspaltungsprozess relativ energieintensiv. Der eingesetzte Strom wird nämlich nur zu 75 Prozent in Wasserstoff „umgewandelt“. Der Rest geht in Form von Wärmeenergie verloren. Wobei, nicht ganz. Denn moderne Elektrolyseure, also die Geräte zur Aufspaltung von H2O, speisen die Wärmeenergie in Nahwärmeversorgungssysteme ein.

Klingt kompliziert? Ist es in der Praxis auch noch. Doch einen entscheidenden Vorteil hat Wasserstoff gegenüber Strom. Das unsichtbare, geruchlose und ungiftige Gas lässt sich nämlich deutlich besser speichern. Hierfür werden gewöhnliche Tanks verwendet und keine Akkus benötigt, für deren Herstellung wiederum seltene Rohstoffe abgebaut werden müssen.

Aber es gibt auch ein Paradoxon, denn Wasserstoff selbst wird im Auto nicht als Antrieb verwendet. Im Grunde genommen ist ein Wasserstoff-Auto nämlich eine Elektroauto, dass seinen Strom selbst herstellt. Dafür bedarf es einer Brennstoffzelle, in der Sauerstoff und Wasserstoff wieder zusammengeführt werden bzw. miteinander reagieren und so Strom erzeugen. Crazy, oder?

Teuer, aber effizient

Preislich hält sich Wasserstoff mit herkömmlichen Brennstoffen wie etwa Benzin oder Diesel noch ziemlich die Waage. Allerdings ist der Preis pro Kilogramm fix und liegt derzeit bei 9,50 EuroDurchschnittliche Tanks von Wasserstoffautos fassen vier bis fünf Kilo und bringen dich 400 bis 500 Kilometer weit.

Was die Reichweite betrifft, können die modernsten Elektroautos da vielleicht noch mithalten, allerdings dauert ihr Aufladeprozess deutlich länger. Zwar gibt es nun schon viele Schnellladestationen mit denen die Akkus in einer halben Stunde fast 80 Prozent geladen werden können. Wasserstofftanks sind jedoch schon in 3-5 Minuten komplett voll.

Fazit

Wasserstoff ist spannend und als Energieträger noch lange nicht im Mainstream angekommen. Für einige Forscher, wie beispielsweise Maximilian Fichtner, Professor für Festkörperchemie an der Universität Ulm, gilt jedoch: Wasserstoff muss man „dort einsetzen, wo er auch Sinn ergibt – und das ist eher nicht im Pkw, sondern im stationären Bereich, als Speicher in der Stromversorgung (…) und teilweise auch im Schwerlastverkehr oder bei Schiffen, und natürlich in der Industrie“, wie er in einem Interview mit Wirtschaftswoche zu Bedenken gab.

Übrigens: Falls du nun Lust auf ein Wasserstoffauto bekommen hast, solltest du bedenken, dass es derzeit nur 77 Tankstellen deutschlandweit gibt. Eine genau Übersicht findest du HIER.

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.