Julia Brinker (29): Ich bin ein Essensjunkie. Und ich war es schon vor der großen „Foodporn“-Welle. Als ich vier Jahre alt war, gab ein Freund meines Vaters mir den Spitznamen „Miss Leberwurst“, und die Ferien bei den Großeltern begannen für mich in Omas Küche. Bevor ich vor meinem ersten Tag an der Uni das Vorlesungsverzeichnis durchlas, checkte ich online die Essenspläne in der Mensa. Und einen Glücksschrei löst bei mir eher ein gusseiserner Bräter als ein Schuhpaket vom Postboten aus.
So mag es auch kaum verwunderlich sein, dass ich mein erstes richtiges Gehalt als Studentin an der Uni für – was auch sonst – Essen ausgab. Und zwar für teures Essen.
An ein konkretes Teil, von dem ich möglicherweise eine Erinnerungsquittung aufgehoben hätte, kann ich mich deshalb auch nicht mehr erinnern. Dafür aber an den Duft der Käsetheke eines kleinen Feinkostladens in der Bonner Südstadt. Für mich war es das größte Gefühl von Luxus und (zugegebenermaßen dezenter) finanzieller Unabhängigkeit, gemeinsam mit dem amüsierten Menschen hinter der Theke über Reifegrade, Schimmelbildung oder die Tatsache zu philosophieren, dass Balsamico-Essig auf Mozzarella (vom Wasserbüffel natürlich) NICHTS, aber auch GAR NICHTS verloren hat, um am Ende ohne hektisch mein Geld zählen zu müssen, auch etwas zu kaufen. An dieser Gewohnheit, zuletzt am Essen zu sparen und damit den Großteil meines Geldes in gute Lebensmittel zu investieren, hat sich seit meinem ersten Gehalt bis heute nichts geändert.