Elektro gegen Verbrenner

Tesla vs. GM – wie ein StartUp einen der größten Autokonzerne überholt

von Moritz Weinstock

Tesla hat den traditionsreichen Automobilkonzern General Motors an der Börse überholt – und ist nun der wertvollste US-Autobauer.

Automobilkonzerne sind seit Jahren nicht mehr die wertvollsten Unternehmen der Welt. Tonangebend sind laut einer aktuellen Studie die großen Tech-Konzerne, wie Apple, Google, Amazon und Co. Erstaunlich ist allerdings, dass die einstigen Riesen trotz Klimakrise, Dieselverbot, Abgas-Skandal und großflächiger Umstrukturierung auf die Produktion von Elektroautos, noch immer wachsen.

Betrachtet man die Welt der Automobilkonzerne, so gibt es einige von ihnen seit vielen Jahrzehnten, oft schon seit der Erfindung des ersten Autos bzw. seit dem Beginn der Fließbandproduktion, wie sie Henry Ford 1908 für das Model T von Ford entwickelte. General Motors, den Traditionskonzern aus Amerika, gibt es beispielsweise seit 1908, Audi ebenfalls, BMW seit 1916, Volkswagen seit 1937 – nur um ein paar zu nennen.

Jahrzehnte galt der Verbrennungsmotor als die Antriebsform schlechthin und deutsche Ingenieurskunst sowie Herstellungsqualität im Automobilsektor als das Maß aller Dinge. Dabei hätte alles anders kommen, denn erste elektrobetriebene Fahrzeuge gab es bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Doch der Einfluss der Ölindustrie und extrem niedrige Preise für den fossilen Rohstoff, ließen das Interesse an Elektrofahrzeugen zu Beginn des 20. Jahrhunderts schwinden.

Toyota macht es vor

Einer der ersten Automobilkonzerne, der sich dem Thema Elektromotor im großen Stil annahm, war Toyota. Bereits 1997 entwickelte der japanische Hersteller mit dem Prius einen Hybrid, der sowohl auf Benzin als auch auf Elektroantrieb setzte. Seitdem ist das Modell mehrfach weiterentwickelt worden, millionenfach auf den Straßen der Welt unterwegs und ein echter Verkaufsschlager. Heute ist Toyota mit einem Umsatz von 243 Milliarden Euro (Stand: 2018) und gut 10 Millionen produzierten Fahrzeugen (allein im Jahre 2018) der zweitgrößte Automobilhersteller der Welt – nach Volkswagen.

Tesla denkt Elektro weiter

Seit 2003 mischt ein neuer Hersteller die Welt der etablierten Automobilunternehmen ordentlich auf. Denn mit dem Start von Tesla gelang Elon Musk der große Coup, ein vollelektrisches Fahrzeug so attraktiv zu gestalten, dass es plötzlich jeder haben will. Mit dem Roadster begann im Juli 2006 der Siegeszug des kalifornischen StartUps. Mit einer Reichweite von 350 Kilometern, einer Beschleunigung von 0 auf 100 Km/h in weniger als vier Sekunden und einem Topspeed von 200 Kilometern pro Stunde, ist der Roadster zwar kein FamilienautoDafür hat der Sportwagen die Herzen von Investoren und zahlungskräftigen Kunden schnell erobert und maßgeblich zum weiteren Erfolg und rasanten Aufstieg der Marke beigetragen.

General Motors hinkt hinterher

Ganz anders sieht es bei General Motors aus, dem derzeit fünftgrößten Automobilhersteller der Welt. 77 Jahre lang war der Konzern in Bezug auf die Verkaufszahlen die Nummer Eins am Autohimmel. Dabei produziert General Motors selbst keine Autos. Vielmehr vereint der Konzern Marken wie Chevrolet, Cadillac, Buick, GMC und Holden unter seinem Dach und setzte damit im vergangenen Jahr immerhin 8,4 Millionen Fahrzeug ab. Der Umsatz lag 2018 bei 147 Milliarden US-Dollar, die Zahl der Mitarbeiter bei 180.000 weltweit. Nicht schlecht, aber es gab schon deutlich bessere Zeiten. Im Jahr 2003 lag der Umsatz nämlich noch bei 185,52 Milliarden US-Dollar und die Zahl der Beschäftigten bei knapp 300.000! Abgesehen davon: die Mehrheit der Autos von GM sieht noch immer so aus:

Pickups, Finanzkrise, Sparmaßnahmen

Gerade das Jahr 2007 stellte für GM eine harte Zäsur dar. Fast 40 Milliarden US-Dollar Verlust wurden eingefahren, zudem häufte sich der Schuldenberg auf unfassbare 185 Milliarden US-Dollar. Ausschlaggebend war vor allem die Finanzkrise in den USA und die damit einhergehende Zurückhaltung bei Autokäufen. Abgesehen davon schoss der Benzinpreis 2007 in die Höhe und löste ebenfalls starke Einbrüche bei den Absatzzahlen von SUVs, Pickups und Vans aus – dem Steckenpferd von General Motors. Während Tesla sich mit Elektroautos zukunftsorientiert gibt und den StartUp-Hype rund um das Silicon Valley weiter befeuert, meldet GM nach über 100 Jahren in der Branche 2009 Insolvenz an. Die Folge: Der Konzern wird verstaatlicht, Marken wie Hummer werden eingestampft. Die USA erhalten 60,8 Prozent, Kanada 11,7 Prozent der Aktien und 17,5 Prozent wandern in den Fonds der Automobilarbeitergewerkschaft UAW. Die übrigen 10 Prozent werden an die Gläubiger verteilt. Insgesamt hat die Verstaatlichung die USA 51 Milliarden US-Dollar gekostet, dafür wurden Hunderttausende von Arbeitsplätzen und Milliarden an Steuereinnahmen gerettet. Seit 2013 ist GM wieder in privatwirtschaftlicher Hand.

Tesla vs. General Motors

Insolvenz musste Tesla hingegen noch nicht anmelden, auch wenn es in der kurzen Firmengeschichte mehrfach zu kritischen Momenten gekommen war. 2013 stand sogar kurzweilig die Übernahme durch Google im Raum, für sechs Milliarden US-Dollar. Gut für Musk, dass es nicht soweit gekommen ist und die Produktionsabläufe in seinen Gigafactories soweit optimiert werden konnten, dass die ausgelieferten Modelle nun weniger Montagemängel aufweisen als zu Beginn. Heute, gut 13 Jahre nachdem der erste Tesla die Werkshallen verlassen hat, schreibt der Elektroautohersteller mehrheitlich schwarze Zahlen. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen mehr als 48.000 Mitarbeiter, hat fünf verschieden Modelle im Angebot und produziert zwischen 80.000 – 100.000 Autos pro Quartal! Die aktuellsten Entwicklungen haben dabei auch den Börsenwert positiv beeinflusst. Mit einem Gewinn von 143 Millionen US-Dollar im dritten Quartal 2019 hat Tesla seinen Börsenwert auf 53,7 Milliarden US-Dollar gesteigert und somit General Motors überholt, dessen Wert derzeit bei rund 51,1 Milliarden Us-Dollar liegt.

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.