STEUERN

Lohnt sich eine Steuererklärung für mich?

von Marcus Lucas

Du glaubst, eine Steuererklärung einzureichen, ist den Aufwand gar nicht wert? Weil du sowieso nichts abzusetzen hast? Steuer-Experte Stefan Heine sieht das anders – und hat ein fiktives Interview mit dir geführt.

Du musst keine Steuererklärung abgeben – und deshalb tust du es auch nicht. „Ich hab ja nichts zum Absetzen“, sagst du. So leicht solltest Du es Dir nicht machen, denn eine Steuererklärung könnte sich wirklich für dich lohnen! Reden wir mal über Steuern.

Stefan Heine: „Hallo, ich habe gehört, dass Du nichts zum Absetzen hast. Wollen wir mal sehen, ob Du nicht doch Geld vom Staat zurückbekommen könntest!“

Du: „Das glaube ich nicht.“

Stefan Heine: „Fangen wir mal mit den Grundlagen an. Du bist ledig und Angestellte*r. Wie weit ist denn Deine Firma von Deiner Wohnung entfernt?“

Du: „Nicht so weit, ich fahre da meist mit dem Rad hin. Sind so 8 Kilometer.“

Stefan Heine: „Das ist doch schon mal die halbe Miete bei den Werbungskosten. Denn pro Kilometer kann man 30 Cent absetzen, an jedem Arbeitstag. Egal ob mit Rad, Auto, Bus oder Bahn. Das summiert sich schon mal auf rund 550 Euro im Jahr.“

Du: „Siehst Du, das reicht eben nicht. Ich hab mich informiert. Für die Werbungskosten gibt es eine Pauschale von 1.000 Euro. Und da reicht das Fahrtgeld nicht.“

Stefan Heine: „Stimmt nicht so ganz. Denn es gibt ja jede Menge anderer Werbungskosten. Wenn Du zum Beispiel in der Gewerkschaft bist, kannst Du die Beiträge absetzen. Oder eine Dienstreise machen, die der Chef nicht zahlt. Und auch Arbeitsmittel wie zum Beispiel ein betrieblich genutzter Laptop oder ein Smartphone sind unter den Werbungskosten absetzbar. Und Hand aufs Herz: Du suchst doch gerade eine besser bezahlte Stelle. Die Bewerbungskosten dafür sind auch Werbungskosten. Hast Du deshalb nicht sogar im letzten Jahr eine Weiterbildung auf eigene Kosten gemacht? Die kannst Du auch absetzen.“

Alle Ausgaben, die mit dem Job zu tun haben, kannst du absetzen

Du: „In der Gewerkschaft bin ich zwar nicht, aber die anderen Dinge stimmen. Die Weiterbildung war sogar recht teuer, mehr als 1.000 Euro. Ich hatte immer gedacht, dass das meine Privatsache ist – und ich das nicht absetzen kann…“

Stefan Heine: „Nein, alle Ausgaben, die mit dem Job zu tun haben, können abgesetzt werden. Arbeitsmittel, sogar eine Laptoptasche, Berufskleidung mit Logo und noch viel mehr.“

Du: „Vielen Dank, ich leg dann gleich mal mit der Steuererklärung los!“

Stefan Heine: „Moment, das waren ja nur die Werbungskosten. Es gibt aber noch viele andere Dinge, die Du absetzen kannst.“

Du: „Da bin ich jetzt aber gespannt.“

Stefan Heine: „Ich weiß, Du hast niemanden, der bei Dir putzt oder die Wände streicht. Wäre das so, könntest du 20 Prozent der Lohnkosten (!) absetzen, denn diese Aufgaben gehören zu den haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen. Aber: Du bekommst jedes Jahr eine Betriebskostenabrechnung. Und dort sind viele Punkte, die ebenfalls genau in diese Sparte reinfallen. Kosten für Hausmeister, Gebäudereiniger, Schornsteinfeger und viele mehr. Stichwort Sonderausgaben: Spenden lassen sich ebenfalls absetzen. Ebenso Vorsorgeaufwendungen wie Rentenbeiträge oder Krankenversicherung und, und, und. Eine Sache noch: Du musstest doch letztes Jahr einiges an Deinen Zähnen machen lassen, oder? Und wie ich sehe, bist Du Brillenträger*in. Alle Kosten für Deine Gesundheit kannst Du unter Umständen als außergewöhnliche Belastungen absetzen. Das ist zwar eigentlich Privatsache, aber wenn das eine gewisse Grenze – die sogenannte zumutbare Belastung – überschreitet, zählt es bei der Steuer.“

Du: „Okay, jetzt bin ich doch ein bisschen überrascht. Wenn ich mir das Ganze anschaue, werde ich wohl was vom Staat zurückbekommen. Ich ärgere mich jetzt, dass ich das nicht schon früher gemacht habe…“

Stefan Heine: „Kein Problem. Da Du ja nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet bist, kannst Du sogar jetzt noch die Steuer für die vier letzten Steuerjahre machen, also für die Jahre 2016 bis 2019.“

ein Artikel von
Marcus Lucas