Hamburg macht es vor

Auto abgeben und 400 Euro pro Monat kassieren

von Moritz Weinstock

Die Hamburger Umweltbehörde und das Hamburger Abendblatt haben 7 Freiwillige zu einem spannenden Selbsttest bewegen können: drei Monate ohne eigenes Auto. Was dabei herausgekommen ist, erklärt euch ZASTER.

Es ist ein schöner Gedanke, das Auto einfach mal stehen zu lassen und zur Abwechslung mit der Bahn oder dem Rad zur Arbeit zu fahren. Doch kaum regnet es, kehrt man zu alten Mustern zurück und quält sich doch wieder durch den morgendlichen Berufsverkehr in die Innenstadt. Auf dem Land gibt es den Gedanken erst gar nicht, gerade hier fehlt es noch immer an echten Alternativem zum Auto. Busse steuern abgelegene Stationen bestenfalls im Stundentakt an, der Weg zum nächsten Bahnhof liegt völlig außer Gehreichweite. Natürlich, ganz so prekär ist die Situation nicht überall im Land, vor allem nicht in Großstädten. Doch wie wichtig ist das eigene Auto in Zeiten von Carsharing, Leihfahrrädern und günstigen Mietrollern noch? Und was ist, wenn die E-Scooter kommen, vor denen groß gewarnt wird? Das „Hamburger Abendblatt“ und die „Umweltbehörde Hamburg“ wollten es für ihre Stadt genauer wissen und baten 7 Freiwillige ihr Auto für drei Monate abzugeben.

Steig…

Mit ihrer Initiative „Steig um!“ stießen sie bei Hamburgs Bewohnern auf offene Ohren. Hunderte Freiwillige meldeten sich zum gut bezahlten Selbsttest. 400 Euro pro Monat bekamen die 7 Teilnehmer, was in etwa den Kosten eines Mittelklassewagens im gleichen Zeitraum entspricht, um sie in alternative Fortbewegungsmittel zu investieren. Erlaubt war dabei alles, vom Öffentlichen Personennahverkehr bis hin zum Elektrofahrrad oder gar Leihwagen. Wichtig war nur, dass das eigene Auto ruht. Damit das sichergestellt war, wurden die Schlüssel ihrer Wagen im Tresor der Umweltbehörde aufbewahrt.

Ziel des Tests war es herauszufinden, inwiefern sich das Auto schon heute aus dem Alltag verschiedener Menschen und Lebensmodelle tilgen lässt. Vom Single bis zur mehrköpfigen Familie reichte das Spektrum der Teilnehmer – insgesamt waren 14 Personen vom „Autoentzug“ betroffen. Vor wenigen Tagen konnte das umfangreiche Experiment abgeschlossen werden. Die erhobenen Daten und Erfahrungen der Teilnehmer sollen nur ausgewertet werden und die Grundlage für eine Anleitung zum Auto-Ausstieg, einer Art Ratgeber für Kritiker und Unentschlossene, bilden.

…um!

Der Versuch zeigte Wirkung: 5 der 7 Teilnehmer haben für sich festgestellt „kein Auto mehr zu brauchen“. Maßnahmen haben sie auch schon ergriffen: der Leasing-Vertrag wird nicht mehr verlängert, das Cabrio wurde inseriert, der Familienvan verkauft. Nur für zwei Personen bzw. Haushalte ist das Auto aufgrund ihrer ländlichen Wohnsituation noch immer unersetzbar. Immerhin: es tut sich was!

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.