Börsengang durch die Hintertür

SPACs: Das ist dran am neuen Börsen-Hype

von Nils Matthiesen

SPACs sind der neue heiße Scheiß an der Börse: Sie ermöglichen es Firmen, die es eigentlich nicht könnten, unter dem Mantel eines anderen Unternehmens doch an die Börse zu gehen. Aber sind sie auch für dich interessant?

In den USA sorgen sie schon länger für Wirbel, jetzt kommen sie auch nach Deutschland: SPACs, was für „Special Purpose Acquisition Companies“ oder übersetzt für „Akquisitionszweckunternehmen“ steht. In Frankfurt ging vor kurzem Lakestar SPAC I an den Start das erste deutsche SPAC seit zehn Jahren. Dahinter steckt der prominente Tech-Investor Klaus Hommels, der auch schon bei Xing, Skype, Facebook oder Spotify seine Finger im Spiel hatte.

Der Börsengang war höchst erfolgreich, die Nachfrage war achtmal höher als das Angebot. Rocket Internet möchten einen ähnlichen Coup feiern und mit Rocket Internet Growth Opportunities ein deutsches Unternehmen an die Börse in New York bringen. Aber was ist das Besondere an SPACs, und stellen Sie auch für Dich eine interessante Anlage dar?

So funktionieren SPACs

Hintergrund: Die Börse ist für Unternehmen ausgesprochen attraktiv, um an frisches Kapital zu kommen. Nur leider ist es nicht so einfach, an der Börse gelistet zu werden. Denn die Aufnahmebereitschaft der Finanzmärkte für Mitspieler hängt einerseits vom wirtschaftlichen Umfeld und andererseits von der Risikobereitschaft der Inverstoren ab. Anders ausgedrückt: Wenn das Unternehmen noch auf wackeligen Beinen steht, stehen die Chance schlecht, dass es zu einem Börsengang kommt.

Genau an dieser Stelle kommt ein SPAC ins Spiel. Denn ein SPAC ist bereits börsennotiert, hat allerdings keinen Geschäftsbetrieb. Er muss sozusagen nur noch ein Unternehmen finden, dass diese Lücke füllt. Es handelt sich also um Mantel-Gesellschaften, die zunächst Kapital für einen Börsengang einsammeln, um anschließend das Kapital in die Übernahme eines noch unbekannten Unternehmens zu investieren. Private Unternehmen sind aus den genannten Gründen oft gerne bereit, sich von einem SPACs übernehmen zu lassen. Für sie ist es auf jeden Fall einfacher an die Börse zu kommen als ein eigener Börsengang (IPO „Initial Public Offering“). SPAC-Akquisitionen sind für private Unternehmen auch deshalb attraktiv, weil Gründer und andere Großaktionäre auf diese Weise einen höheren Prozentsatz ihrer Anteile verkaufen können, als sie es bei einem Börsengang tun würden. Es landet also mehr Geld in ihren Taschen.

Ein bekanntes Beispiel ist der SPAC des Unternehmers Chamath Palihapitiya. Er sammelte im Jahr 2017 rund 600 Millionen US-Dollar für seinen SPAC namens Social Capital Hedosophia Holdings ein, um damit 49-prozentigen Anteil an dem britischen Raumfahrtunternehmen Virgin Galactic zu übernehmen. Wenn ein SPAC oder ein anderes börsennotiertes Unternehmen wie in diesem Fall ein anderes Unternehmen kauft, ist in der Fachsprache von einem „Reverse Merger“ die Rede, nicht zu verwechseln mit einem traditionellen Merger, bei dem ein privates Unternehmen ein öffentliches Unternehmen übernimmt.

SPACs: Eigentlich ein alter Hut

Dieses Akquisitionszweckunternehmen-Modell ist dabei eigentlich nichts Neues. Doch bis vor kurzem kam es kaum zum Einsatz. Doch 2020 ging es mit nahezu 250 SPAC-Börsengängen bereits richtig ab. Und in diesem Jahr zeigt der Trend sogar weiter nach oben. In den ersten sechs Wochen des Jahres 2021 gab es in den USA schon halb so viele SPACs wie im gesamten Jahr 2020. Doch nicht nur die reine Anzahl der SPACs steigt, auch die Menge des eingesammelten Kapitals. Der durchschnittliche SPAC-Börsengang im Jahr 2020 betrug 336 Millionen US-Dollar, verglichen mit 230 Millionen US-Dollar im Jahr 2019.

Wie Du in SPACs investieren kannst

Auch private Anleger haben theoretisch die Möglichkeit, beim SPAC-Boom dabei zu sein. So hast du die Möglichkeit entweder einzelne Aktien zu kaufen oder in einen SPAC-ETF zu investieren (bislang nur an US-amerikanischen Handelsplätzen gehandelt). Beispiele sind der Defiance NextGen SPAC Derived ETF (SPAK) sowie der aktive SPAC and New Issue ETF (SPCX). Aber lohnt sich das? Bislang kaum. Die Entwicklung von SPACs war bisher unterdurchschnittlich und könnte in Zukunft sogar noch schlechter ausfallen, da viele SPACs untereinander um Zielunternehmen konkurrieren und möglicherweise zu viel bezahlen.

Für Anleger ist das Risiko also groß: Das Wall Street Journal berichtete, dass bei Fusionen im Zeitraum von Januar 2019 bis Juni 2020 der durchschnittliche Wert der von SPACs gekauften Unternehmen um zwölf Prozent zurückging. Unterm Strich entwickeln sich die meisten SPACs schlechter als der Aktienmarkt.

Fazit

Für Einzelanleger sind SPAC-Investitionen riskant. Die meisten SPACs entwickeln sich schlechter als der Aktienmarkt und fallen letztendlich unter ihren Ausgabepreis. Kein Wunder, denn oft handelt es sich bei den übernommenen Unternehmen um solche Kandidaten, die es auf normalen Weg niemals an die Börse schaffen würden.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.