EURO, DOLLAR, SCHILLING – WAS DEN FINANZMARKT DIESE WOCHE BEWEGT HAT

Jetzt wird’s bunt

von Sonja Baer

Farben lösen bestimmte Assoziationen aus. Unser Kolumnist Volker Schilling hat sich in dieser Woche die Finanzmärkte durch die Farbbrille (nein, nicht die rosarote) der Redewendungen angeschaut. Hier kommt sein Wochenrückblick.

Alles im grünen Bereich

Chinas Wirtschaft wächst wieder und der Rohstoffhunger des Landes ist zurück. Wieder einmal nutzt China die günstigen Preise am Rohstoffmarkt, um sich kräftig einzudecken: Öl, Eisenerz, Kupfer, die Importe steigen teilweise auf historische Höchststände. Und China scheint auch für die westlichen Märkte die Blaupause zu sein, wenn es nach den steigenden Börsenkursen geht. Während die Realwirtschaft weiter tiefrote Zahlen hinterlässt, ist für Aktienanleger alles im grünen Bereich. Insbesondere die Technologieaktien setzen ein Hoch nach dem anderen. Die US-Technologiebörse Nasdaq ist daher wieder am Allzeithoch angekommen. Erneute Crash-Gefahr? Negativ. Es wartet weiter (zu) viel Kapital auf Einstieg und die Gewinner der letzten Wochen werden mit Sicherheit auch weiter gefragt sein. Die Party geht weiter, auch wenn der ein oder andere sein blaues Wunder erleben wird. Apropos:

Ein blaues Wunder erleben

Von wegen „die Börse ist effizient, transparent und rational“. Und schon gar nicht sind die Anleger immer in Kenntnis ihrer eigenen Entscheidungen. Schon bei Snap oder Zoom haben wir das Phänomen erlebt, dass ähnlich klingende Aktien unversehens zu Kurssteigerungen kommen, weil Anleger sie verwechseln. So auch diese Woche wieder geschehen mit Tiziana Life Sciences. Da haben einige ihr blaues Wunder erlebt, als die Aktie mit dem Kürzel TLSA in die Höhe schoss. Kaufen wollten die meisten wohl eher die Aktie mit dem Kürzel TSLA, kurz Tesla genannt. Unverhofft kamen somit die falschen Aktionäre zu Kurssteigerungen. Interessanterweise ähnelt ihre Bewegung im vergangenen Monat auffallend der von Tesla (TSLA). Die Tiziana-Aktie ist im vergangenen Monat um 47% gestiegen. Ihr blaues Wunder haben auch viele Twitter-Follower von Tesla-Chef Elon Musk erlebt. Zusammen mit Ex-Präsident Barack Obama und Amazon-Chef Jeff Bezos liefen merkwürdige Twitter-Meldungen über deren Kanäle: Wer einen Bitcoin bezahlt, bekommt zwei zurück. Dumm nur, dass alle Konten gehackt waren und die Gauner damit mehr als 100.000 US-Dollar erbeuteten. Wohl dem, der nur mit einem blauen Auge davongekommen ist.

Nicht das Gelbe vom Ei

Am heutigen Freitag feiert Angela Merkel ihren 66. Geburtstag. Und frei nach Udo Jürgens, fängt sie jetzt wohl erst richtig an. Die Feier findet im „Familienkreis“ der EU-Mitgliedsstaaten statt, und das größte Geschenk will sie sich selbst machen: Ein 750 Milliarden Euro schweres Fiskalpaket von und für die EU-Gemeinschaft: Gemeinsame Schuldenaufnahme über die EU, als Einstieg in eine europäische Schuldenunion. Solidarität ja, aber bitte mit klaren Regeln und beschränkter Haftung. Einige Staaten sehen darin noch nicht das Gelbe vom Ei und fordern bei aller Solidarität Nachbesserungen. Ein Scheitern wäre kein gutes Signal an die Finanzmärkte. Die europäische Notenbank-Präsidentin Christine Lagarde hatte bereits gestern angemahnt, das Paket zügig auf den Weg zu bringen. Na, da bin ich mal gespannt, was der bunte Haufen zustande bringt und wie das Farbspiel am Ende aussehen wird.

Ihr Volker Schilling

ein Artikel von
Sonja Baer