Ja was ist denn Davos?

Wissenswerte Fakten über das World Economic Forum, die dich schlauer machen

von Moritz Weinstock

Alle Augen blicken derzeit nach Davos in die Schweiz. Der Grund: Hier findet in diesem Jahr zum 50. Mal das World Economic Forum statt. Doch was hat es damit eigentlich auf sich?

Die Schweiz hat einen weltpolitischen Sonderstatus, denn sie gilt als neutral und unabhängig von europäischen Machtgefügen. Obwohl mitten in Europa gelegen, ist sie nicht Mitglied der Europäischen Union. Doch durch bilaterale Abkommen ist sie auch Teil des Schengen-Raums.

Das kleine Land spielt oft eine zentrale Rolle für das Weltgeschehen. So ist nicht nur das Geld vieler Millionäre, Machthaber und ganzer Länder dort geparkt. Auch Firmen von Weltrang, wie etwa Facebooks Libra Association oder Nestlé sind hier zu Hause. Ganz zu schweigen von all den Luxus-Uhrherstellern, für die das Land bekannt ist.

Das 50. Weltwirtschaftsforum

In dieser Woche richtet sich das Augenmerk der Weltöffentlichkeit jedoch nicht wegen Rolex, Bankgeschäften und Co. Richtung Alpen. Vielmehr ist es das 50. World Economic Forums, das Journalisten, Aktivisten und Politgrößen aus allen Winkeln der Welt in den Schweizer Kanton Graubünden blicken lässt.

1971 hatte der damalige Professor für Unternehmenspolitik an der Universität Genf, Klaus Schwab, die Idee, 444 Führungskräfte westeuropäischer Unternehmen zusammenzuführen, um sie mit neuartigen, amerikanischen Unternehmenspraktiken vertraut zu mache. Damals hieß das Treffen noch European Management Symposium und war, wie der Name bereits verrät, vorwiegend ein Treffen zum Austausch über Wirtschaftsthemen.

Gekommen, um den Zustand der Welt zu verbessern

Heute verfolgt die gemeinnützige Stiftung, die sich vorwiegend durch die Mitgliedsbeiträge der rund 1000 angehörigen Unternehmen trägt, deutlich größere Ziele – zumindest auf dem Papier. Nämlich: die Zukunft der Welt zu verbessern.

Typische Unternehmen, die dem erlauchten Kreis des WEF angehören, machen mindestens fünf Milliarden Euro Umsatz im Jahr und gehören zu den führenden in ihrem Bereich. Ihre Beiträge liegen zwischen 23.000 und knapp 400.000 Euro im Jahr – je nachdem ob es sich um eine Firma oder ein ganzes Land handelt, das maßgeblich an den Symposien und Diskussionen teilnehmen will. Es ist also ein Treffen der absoluten Elite, bei dem auch Vertreter der größten Wirtschaftsnationen, wie etwa den USA, China und Deutschland zugegen sind. In diesem Jahr etwa 3000 Menschen.

Eine Woche lang tagen sie, besprechen die Lage in der Welt und erarbeiten Lösungsansätze für die Herausforderungen unserer Zeit. Und die sind, in Hinblick auf Krisenherde wie etwa derzeit im Iran und dem Klimawandel, nicht mehr nur wirtschaftlicher Natur.

Wirtschaft, Soziales, Gesundheit und Umwelt

Seit 2015 hat das WEF den Status einer internationalen, gemeinnützigen Organisation. Nur wenige Jahre nach der Gründung 1971, entstand der jährlich herausgegebene „Global Competitiveness Report“, der mithilfe international führender Wirtschaftsexperten, Politiker, Wissenschaftler und gesellschaftlicher Akteure eine Rangliste der Volkswirtschaften mit den höchsten Wachstumschancen enthält. Hierfür werden verschiedenste Daten wie etwa zur Infrastruktur eines Landes, zur Gesundheit, Bildung und dem technologischen Entwicklungsgrad erhoben und ausgewertet.

In gewisser Weise ist das WEF also eine Art Thinktank oder Knowledge Hub, bei dem Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zusammenkommen und beraten, wie es mit der Welt beziehungsweise vorwiegend westlichen Volkswirtschaften weitergeht.

Kritik, Klimawandel und Kosten

Davos und das WEF führten in der Vergangenheit immer wieder dazu, dass zerstrittene Mächte an einem Tisch Platz nahmen und über weitreichende Themen debattierten. 1988 beispielsweise unterzeichneten Griechenland und die Türkei die sogenannte Davos Declaration, die dazu führte, dass die beiden Länder Frieden schlossen. Und auch die DDR und die Bundesrepublik begegneten sich mit Ministerpräsident Hans Modrow und Bundeskanzler Helmut Kohl 1989 auf Augenhöhe und berieten über die Wiedervereinigung Deutschlands.

Doch mit dem Treffen geht auch eine starke Globalisierungsangst und Kritik an westlicher „Überpower“ einher. Für viele Menschen ist es ein Treffen der ganz Großen, die kaum mehr im Sinn haben, als das, was sie sich über Jahrzehnte und Jahrhunderte geschaffen haben, aufrecht zu erhalten oder sogar noch zu verbessern.

Diese Sicht steht in starkem Kontrast zur Grundüberzeugung des WEF-Initiators Schwab. Der nämlich sympathisierte von Anbeginn mit der Idee des Stakeholdertums, also jenem wirtschaftlichen Ansatz, demzufolge Unternehmen nur dann erfolgreich sind, wenn sie neben den Interessen der Aktionäre und Kunden auch jene der Mitarbeiter, der Gemeinden, in denen das Unternehmen seinen Sitz hat, und den Regierungen berücksichtigen.

Viel Gerede, wenig Ergebnisse

Dem gegenüber stehen jedoch kritische Journalisten, Aktivisten und Klimaschützer, die in dem teurem Treffen nichts weiter sehen, als machtpolitische Augenwischerei.

Besondere Aufmerksamkeit wurde dem WEF dabei vor allem im vergangenen Jahr zuteil, als die Aktivistin Greta Thunberg Unternehmen und Politiker dazu aufrief, endlich etwas für den Schutz des Klimas zu tun und Vertretern der Öl- und Gasbranche vorwarf, „Verbrechen an der Menschheit“ zu begehen.

Auch in diesem Jahr ist Greta vor Ort, um Unternehmen und Politikern ins Gewissen zu Reden. An ihrer Seite stehen tausende Unterstützer. Sie alle fordern mehr Schutz für das Klima und den Planeten Erde. Wie gut, dass sich das WEF genau diesen Punkt zur Agenda für das 50. Treffen gemacht hat. Übrigens können alle großen Debatten live mitverfolgt und kommentiert werden. Weitere Informationen dazu findest du auf der Website des WEF.

ein Artikel von
Moritz Weinstock
Moritz hat Kommunikationswissenschaften in Wien studiert und seine Leidenschaft fürs Schreiben mit nach Berlin gebracht. Nach lehrreichen Jahren als Redakteur bei einem Motorradmagazin, ist er nun als Channel-Editor für ZASTER tätig. Sein Zugang zur Wirtschaftswelt: er lebt auf zehn Quadratmetern und spart, was das Zeug hält.