BETRUG

Die 3 größten Finanzskandale weltweit

von Sonja Baer

Der mutmaßliche Millionenbetrug bei Wirecard wird gerade noch aufgeklärt. Klar ist aber schon jetzt, dass es sich um einen der größten Finanzskandale der deutschen Geschichte handeln dürfte. Doch wie sieht es in anderen Ländern aus?

1
Bernard Madoff – Bernard L. Madoff Investment Securities LLC

Als die Ermittler*innen des FBI 2008 in dem New Yorker Wohnhaus des damals hoch angesehen Investors Bernard Madoff eintrafen, dachten sie, es handele sich um ein Missverständnis. Es müsse eine Erklärung für Madoffs Unschuld geben. Die gab es aber nicht. Stattdessen gestand der Börsenmakler ohne Umschweife, Anleger*innen im Laufe der Jahre mit einem Schneeballsystem um 65 Milliarden US-Dollar betrogen zu haben.

Wie flog der Skandal auf? Alles lief gut, bis im Zuge der Finanzkrise 2008 viele Anleger*innen ihr investiertes Kapital zurückhaben wollten. Das Problem war, dass Madoff das Geld nach einem Ponzi-Schema längst als Gewinn an andere Anleger*innen ausgeschüttet hatte. Und ihm jetzt 7 Milliarden US-Dollar fehlten. Seinen Söhnen, die als leitende Angestellte für ihn arbeiteten, sagte er:

„Ich werde mich den Behörden schon stellen“. Vorher wollte er nur noch das letzte verbliebene Geld an seine Mitarbeiter*innen, Angehörige und Freunde auszahlen. Seine Söhne verhinderten dies und verständigten einen Anwalt. Wenige Tage später traf das FBI ein.

Der Trick? Madoff genoss unter den Tradern den Ruf einer Legende und setzte sich für mehr Unabhängigkeit der Branche ein. Das half ihm, die Superreichen für sich zu gewinnen, die er über ein Netz von (unter der Hand bezahlten) Agenten in Golfclubs anwarb. Die Nachricht über die erstaunlichen Renditen des Vermögensverwalters verbreitete sich schnell auf den Vernissagen und Cocktail-Parties. Vor allem im Bundesstaat Florida, wo viele vermögende Amerikaner*innen ihre Ferienhäuser haben: „Wenn man zum Mittagessen in den Club ging oder auf den Golfplatz, jeder sprach dort über Madoff und wie er für sie Geld verdiente“, zitiert das Handelsblatt einen Investoren. Jeder wollte nach so einer Party bei Madoff investieren.

Im Dezember 2008 wurde Madoff verhaftet und zu 150 Jahren Haft wegen Anlagebetrugs verurteilt. Die meisten Anleger*innen warten noch heute auf ihr Geld. Sein Sohn Mark Madoff beging 2010, zwei Jahre nach der Verhaftung seines Vaters, Suizid.

2
Nick Leeson – Barings Bank

Mit windigen verbotenen Spekulationsgeschäften auf den japanischen Leitindex Nikkei bescherte der britische Devisenhändler Nick Leeson der Traditionsbank Barings in der britischen Niederlassung in Singapur Verluste in Höhe von 1,4 Milliarden US-Dollar. Das war ein vielfaches mehr, als die Bank an Eigenkapital zur Verfügung hatte, sodass sie Insolvenz anmelden musste (Börse ARD) und als Folge des Skandals ihr Geschäft einstellte.

Der Trick? Über das Konto 88888, das aufgrund einer Computermanipulation nicht erfasst wurde, gelang es Leeson, die Verluste aus seinen Spekulationsgeschäften zu verstecken. Später täuschte er anhand gefälschter Briefe Geschäftsbeziehungen zu Dritten vor, in deren Auftrag er angeblich die Spekulationen durchführte. Obwohl Leeson seine Geschäfte nur amateurhaft verschleierte, fiel es der Zentrale in London auch nicht nach mehreren internen Buchprüfungen auf. Bis die Verluste irgendwann so groß waren, dass Leeson in hochriskante Geschäfte investierte, die dann einen hohen Gewinn abgeworfen hätten, wenn der Nikkei-Index sich bei 19.000 Punkten stabilisiert hätte. Das tat der Nikkei-Index aber nicht. Und Leeson häufte noch mehr verlustbringende Derivate an. Dann sank der Nikkei-Index weiter und Leesons flog auf.

Der Devisenhändler floh über die Brunei, Thailand und Abu Dhabi nach Deutschland, wo er schließlich am Flughafen in Frankfurt am 2. März 1995 verhaftet und nach Singapur ausgeliefert wurde. Das Urteil: Sechseinhalb Jahre Gefängnis wegen Urkundenfälschung, Untreue und Betrug. Leeson wurde nach einer Krebsdiagnose vorzeitig entlassen, schrieb ein Buch und drehte einen Film über sein Leben („Rogue Trader“) und gibt heute Seminare zum Thema Stressbewältigung und Risikomanagement (Börse ARD).

3
Jérôme Kerviel – Société Générale

5 Milliarden Euro Verlust hatte die französische Großbank eingefahren, als sie am 24. Januar 2008 den Betrugsskandals ihres Mitarbeiters öffentlich machte.

Der Trick? Kerviel wettete in Spekulationsgeschäften auf steigende Aktienkurse. Am Anfang machte er damit Gewinne, im Januar 2007 wurden seine Wetten riskanter: So häufte er Ende des Jahres zwar 1,4 Milliarden Euro Gewinne an, riskierte aber dafür einen Einsatz von 30! Milliarden Euro. Damit nicht herauskam, dass er mit seinen Geschäften die Existenz der gesamten Bank auf das Spiel setzte, versteckte er seine Gewinne mit fiktiven Gegengeschäften, die angeblich Verluste machten. Von seinen Vorgesetzten bekam angeblich niemand etwas mit, auch nicht, als 1,4 Milliarden Euro mehr in der Kasse waren. Doch am 3. Januar 2008 machte der Trader einen Fehler. Seine Chefs durchforsteten daraufhin die Orderbücher und stellten fest, dass sich darin offene Positionen in Höhe von 50 Milliarden Euro befinden. Wenige Tage später muss ein kreidebleicher Société-Général-Chef seine Aktionär*innen um Entschuldigung beten. Seinen Job ist er los (Handelsblatt).

Kerviel wird in erster Instanz zu fünf Jahren Haft verurteilt. Außerdem soll er 4,9 Milliarden Euro zurückzahlen. Doch schon nach wenigen Monaten kommt er mit einer elektronischen Fußfessel auf freien Fuß. Und auch sonst häufen sich für ihn die guten Nachrichten: Ihm wird eine Entschädigung in Höhe von 450.000 Euro zugesprochen, weil die Kündigung seines Arbeitgebers nicht rechtens gewesen sei. Anstelle der 4,9 Milliarden Euro, so urteilte ein Gericht wenige Monate später, müsse er der Société Générale nur eine Million Euro zurückzahlen. Die Begründung: Kerviel sei nur teilweise für den Schaden haftbar zu machen, denn zu viele interne Kontrollmechanismen hatten versagt. Kerviel hatte im Laufe seines Prozesses immer darauf gesetzt, dass das Systemversagen der Bank seine Deals überhaupt erst möglich gemacht haben (Börse ARD).

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Sonja Baer