Kleines Land ganz groß

Dänemark schlägt Deutschland

von Nils Matthiesen

Ein kleines, verträumtes Land im Norden? Von wegen! Unsere Kolumnistin Isabella Müller-Reinhardt hat erkannt, dass Dänemark Deutschland einiges voraus hat.

Ich war in Dänemark. Genauer gesagt erst in Billund (das kennt man nur, wenn man Kind ist oder Kinder hat) und anschließend in Kopenhagen. Und was soll ich sagen, ich habe mich verliebt. In die Stadt (Kopenhagen, nicht Billund), in die Speisekarten diverser Restaurants, in die süßen Teilchen der Bäckereien, in sämtliche Klamottenshops und in so ziemlich alles andere. Dennoch bin ich völlig schockiert und fassungslos nach vier wunderbaren Tagen wieder abgereist. Denn noch nie wurde mir so sehr klar, wie Deutschland hinterherhinkt. DIGITAL, MOBIL… Ein Trauerspiel! Besonders wenn man nicht in einer Stadt wie Berlin wohnt. Beispiele gefällig?

Wo Deutschland hinterherhinkt

1
Mobiles Internet

Auch in Dänemark gibt es Pampa. Und durch die bin ich über zwei Stunden mit dem Auto gefahren. Keine Menschenseele, kein Städtchen, nichts. Nur langbeinige Kühe und LTE. Überall. Feinstes Netz! Selbst während der knapp einstündigen Fahrt mit der Fähre.

2
Freies WLAN

Nicht nur jedes Hotel, Restaurant, Cafe sondern selbst jeder Klamottenladen bietet seinen Kunden freies WLAN. Praktisch auch weil man dann gleich immer weiß, wie der Laden überhaupt heißt, in dem man gerade ist.

3
Englischkenntnisse

Ich rede sehr gerne. Sogar mit Fremden. Und daher habe ich auch einfach so mal den ein oder anderen angequatscht. Verrückt, die sprechen alle ein Englisch zum Niederknien. Dachte kurz ich wäre in Oxford gelandet. Muss an einer grandiosen Schulbildung liegen. Und freundlich sind sie auch noch!

4
Bargeldloses Bezahlen

Ich bin mit genau 0 Kronen angereist und habe genau 0 Kronen in bar gebraucht. Der Hot-Dog an der Würstchenbude? Mit EC-Karte bezahlt. Die 0,25 Liter Flasche Wasser im Supermarkt? Mit EC-Karte bezahlt. Eine Kugel Vanilleeis? Mit EC-Karte bezahlt. Ein Rosinenbrötchen beim Bäcker? Mit EC-Karte bezahlt. Die (schlaflose Nächte verursachende) Rechnung im Rabens Saloner Flagship Store? Mit EC-Karte bezahlt. Gut jetzt bin ich zwar völlig pleite aber immerhin musste ich nichts bar bezahlen.

5
E-Mobilität

Auch mit flachem und bequemen Schuhwerk kann ein ausgedehnter City-Trip irgendwann schmerzhaft werden. Aber kein Problem, wenn im Umkreis von 20 Metern jede Menge E-Scooter rumstehen. App laden und los geht’s. Kein Nummernschild, keine Helmpflicht, keine CO2-Emissionen! Es könnte so einfach sein, lieber Bundesrat! (17. Mai! Ich drücke Euch die Daumen) Und es sind doch nur 20 km/h, also bitte!

6
Fahrradwege

Sollte Deutschland das mit den E-Tretrollern nicht gebacken kriegen, wären die guten alten antriebslosen Fahrräder ja auch eine tolle Idee. Und wie Fahrradwege aussehen können, kann sich jeder Verkehrspolitiker im Nachbarland mal ansehen. Wobei in Kopenhagen „Wege“ doch leicht untertrieben ist. Lasst sie uns lieber Fahrradstraßen nennen.

7
Autofreie Innenstädte

Die Innenstadt ist nahezu autofrei. Das riecht und hört man sogar. Sollte man von auswärts kommen, wird die Karre in einem Parkhaus geparkt. Und das wiederum bezahlt man ebenfalls per App. Kennzeichen angeben und fertig. Wird die geschätzte Parkdauer nicht erreichen, wird das Geld zurückgebucht. Verrückt, oder? Parkscheintickets sind so von gestern.

8
Freundlichkeit

Vielleicht kommt es mir nur so vor aber in Deutschland sehe ich meist in genervte, gestresste, unzufriedene und grantige Gesichter. Ob in der U-Bahn, in der Schlange an der Supermarktkasse oder einfach nur in der Fußgängerzone. Die wenigsten Menschen lächeln und wenn mal einer überdurchschnittlich freundlich guckt, frag ich mich sofort, wieso grinst der, kenne ich den? Vielleicht ist es dieses „Hygge“ aber irgendwie machen die Menschen in Dänemark einen glücklicheren Eindruck. Weniger Neid, weniger Meckern, weniger Ablehnung. Das würde uns in Deutschland auch mal ganz gut tun und bringt Menschen privat wie beruflich bestimmt weiter.

ein Artikel von
Nils Matthiesen
Nils ist Journalist, Texter und einer der ersten Digital Natives. Er beschäftigt sich schon seit über 20 Jahren mit den Themen Vorsorge, Geldanlage und Börse. Persönlich setzt er inzwischen mehr auf Fonds-Sparpläne als aktives Aktien-Picking.